Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzugen für den Erlass eines Teilurteils imSinne des § 301 Abs. 1 ZPO sind:
- die Teilbarkeit des Streitgegenstandes,
- die Entscheidungsreife eines und nur eines Teils des Streitverhältnisses,
- als ungeschriebenes Merkmal die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des Rest-Streits (Widerspruchsfreiheit zum Schlussurteil).
Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 29.04.2014; Aktenzeichen 2 O 425/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29.4.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Paderborn mit dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks M Straße ... in M, Flur X, Flurstück X.
Der Beklagte ist Erbbauberechtigter des Grundstücks H-Straße in M, Flur X, Flurstück X, worüber sich die Grundakten zu Blatt ...7 des Grundbuchs von M (Erbbaugrundbuch) verhalten.
Beide Grundstücke grenzen direkt aneinander.
Bei dem Haus H-Straße handelt es sich um ein zweigeschossiges, zur Straße giebelständiges Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert, welches unter Denkmalschutz steht. Die westliche Fachwerkaußenwand des Hauses ist auf dem Flurstück X entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze der Flurstücke X und X gebaut worden. Diese Wand befindet sich in erheblichen Teilen in einem baufälligen Zustand.
Bei dem Haus M Straße xx handelt es sich ebenfalls um ein zweigeschossiges zur Straße giebelständiges Fachwerkhaus. Das Objekt steht leer. Die Klägerin beabsichtigt, das Haus M Straße xx abzureißen und einen Neubau für ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten.
Mit Schreiben Anfang November 2012 wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass der Abriss des Hauses M Straße xx bevorstehe, und setzte eine Frist bis zum 30.11.2012, um geeignete Vorkehrungsmaßnahmen gegen einen drohenden Gebäudeeinsturz des Hauses H-Straße durchzuführen. Der Beklagte kam diesem Ansinnen zunächst nicht nach, worauf die Klägerin unter dem 18.12.2012 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragte.
Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Architekt C vom 2.7.2013 im selbständigen Beweisverfahren (Az.: 2 OH 28/13 LG Paderborn) ließ der Beklagte im September 2013 zunächst im Inneren seines Hauses Abstützungsmaßnahmen durchführen. In dem sog. "Abschnitt 2" unter dem Balkon des klägerischen Hauses (vgl. die Zeichnung auf S. 13 des vorbezeichneten Gutachtens und Seite 16 des Ergänzungsgutachtens vom 14.4.2014) ließ der Beklagte eine Abstützung von außen gegen ein Herausfallen der Gefache anbringen. Dazu nutzte er ggf. - dies ist inzwischen streitig geworden - das Grundstück der Klägerin (vgl. Fotos auf S. 5 f. des Ergänzungsgutachtens).
Anfang Februar 2013 hatte die Stadt M - Fachdienst Bauordnung/Denkmalschutz - der Klägerin die Genehmigung zum Abbruch ihres Fachwerkhauses mitgeteilt (vgl. zu den Einzelheiten der Abbruchgenehmigung den Bescheid vom 8.2.2013, Bl. 57 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 9.1.2014 (Bl. 66) teilte die Stadt M der Klägerin mit, dass der Abbruch ihres Hauses wegen des baulichen Verbundes der Gebäude M Straße xx und H-Straße dennoch nicht statthaft sei. Der Abbruch sei erst dann durchführbar, wenn keine direkte bauliche Verbindung zu dem angrenzenden Gebäude Nr. xx des Beklagten mehr bestehe.
Die Klägerin hat behauptet, die in Richtung ihres Grundstücks M Straße ... im nördlichen Bereich ausgeknickte Außenwand des Hauses H-Straße sei nicht mehr standsicher und extrem einsturzgefährdet. Wenn das Haus M Straße xx abgerissen werde, käme es zum Einsturz zumindest von Teilen der westlichen Wand des Hauses H-Straße. Diese Einsturzgefahr sei auch nicht durch die seitens des Beklagten im September 2013 getroffenen Vorkehrungen behoben worden.
Die Klägerin hat gemeint, da der Gebäudeeinsturz von dem Grundstück des Beklagten drohe, sei dieser verpflichtet, die Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, weshalb sie gegenüber dem Beklagten einen Anspruch darauf habe, dass dieser auf seinem Grundstück Absicherungsmaßnahmen in Form von Abstützungsmaßnahmen und Queraussteifungen durchführe, damit die Standsicherheit seines Gebäudes wieder hergestellt werde.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, auf dem Grundstück H-Straße, Flur X, Flurstück X, in M, die zur Abwendung der Einsturzgefahr erforderlichen Vorkehrungen an der nach Westen gelegenen Fachwerkaußenwand des Hauses H-Straße in M zu treffen und die an den Mauerwerkspfeilern und den Stahlbetondecken des Hauses M Straße xx, Flur X, Flurstück X angebrachten Abstützungen zu entfernen; den Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 779,24 EUR freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat widerklagend beantragt:
1. Die Klägerin wird ...