Leitsatz (amtlich)

Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Gebrauchtwagen liegt der Gerichtsstand des Erfüllungsortes dort, wo sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befindet, d.h. regelmäßig am Wohnsitz des Käufers.

 

Normenkette

BGB §§ 434, 269; ZPO § 29

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 28.04.2015; Aktenzeichen 7 O 321/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.04.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Bielefeld aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ Saab 900 Cabriolet.

Dieses Fahrzeug befand sich im Besitz des Beklagten, der in Q wohnt. Er bot das Cabriolet im September 2014 über das Internet zum Kauf an. Der Kläger, der in M wohnt, wurde auf das Inserat aufmerksam. Er nahm in Q eine Fahrzeugbesichtigung vor und einigte sich mit dem Beklagten darauf, das Cabriolet zum Preis von 5.650,00 EUR zu kaufen. Nach entsprechender Barzahlung verbrachte der Kläger das Fahrzeug nach M.

Bei dem Kläger entstand zu Hause nach Durchsicht der Fahrzeugpapiere der Eindruck, dass die im Kaufvertrag vom 07.09.2014 angegebene "Gesamtlaufleistung: 173.000 km" unzutreffend sei und das Fahrzeug tatsächlich eine erheblich höhere Laufleistung aufweise. Noch bevor er die Zulassung des Fahrzeugs auf seinen Namen veranlasst hatte, erklärte der Kläger am 09.09.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, das Cabriolet bis zum 20.09.2014 in M abzuholen.

Nachdem der Beklagte sich nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags einließ, erhob der Kläger vor dem LG Bielefeld eine Klage, mit der er beantragt hat,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.650,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins seit dem 14.10.2014 zzgl. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über Basiszins seit dem 14.10.2014 zu zahlen

2. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des PKW Saab 900 Cabriolet, amtliches Kennzeichen ..., Fahrzeugident. nr. ... wie auch der zugehörigen Fahrzeugpapiere in Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte hat die Zuständigkeit des angerufen Gerichts gerügt und beantragt, den Rechtsstreit an das LG Potsdam zu verweisen.

Das LG hat den Kläger mit Verfügung vom 19.12.2014 darauf hingewiesen, dass es die vom Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit teile, und nachgefragt, ob der Kläger gleichfalls die Verweisung an das LG Potsdam beantrage. Darauf hat der Kläger ablehnend reagiert. Das LG hat unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Hinweises Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.

Darin hat der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage durch Urteil vom 28.04.2015 als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass seine örtliche Zuständigkeit fehle. Insbesondere liege im Bezirk des LG Bielefeld nicht der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO). Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages könne nicht von einem einheitlichen Erfüllungsort am Belegenheitsort der gekauften Sache ausgegangen werden; vielmehr seien die Leistungspflichten gem. § 269 ZPO grundsätzlich gesondert zu bestimmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht Zug um Zug die Rückgabe bzw. -übereignung des Fahrzeugs beantragt habe. Auch der mutmaßliche Parteiwille sei nicht darauf ausgerichtet, dass die Kaufsache nach Übergabe an den Käufer an dessen Wohnsitz verbleibe. Die Praktikabilität spreche eher gegen einen dortigen Gerichtsstand, weil es in Gebrauchtwagenfällen häufig auf den Arglisteinwand ankäme und Zeugen aus dem Umfeld des Verkäufers vernommen werden müssten. Ein entscheidendes Kriterium für einen Gerichtsstand am Wohnsitz des Käufers könne auch nicht darin gesehen werden, dass man ihn als vermeintliches "Opfer" einer Pflichtverletzung des Verkäufers belohnen müsse.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt darin vor, dass die Klageabweisung durch Prozessurteil rechtsfehlerhaft gewesen sei. Dem Beklagten sei im Übrigen bekannt gewesen, dass das Saab Cabriolet von der Ehefrau des Klägers habe genutzt werden sollen, also "relativ stationär" am Wohnsitz des Klägers.

Soweit das LG einen Zug-um-Zug-Antrag vermisst habe, hätte Anlass bestanden, insoweit einen richterlichen Hinweis zu erteilen. Wäre dies geschehen, so wäre der Hauptsacheantrag - wie nunmehr in der Berufungsinstanz geschehen - umgestellt worden.

Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und nach Feststellung der Zuständigkeit des LG Bielefeld die Sache an das LG Bielefeld zur anderweiten Entscheidung in der Hauptsache zurückzuverweisen, wobei der Hauptsacheantrag dahingehend ergänzt werde, dass der Beklagte zu verurteilen sei, an ihn 5....

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge