Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 8 O 8/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 08.11.2018 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Die Klägerin ist die Ehefrau des am ....10.2014 verstorbenen L(im Folgenden: Erblasser). Sie ist gemeinsam mit ihrer Tochter L2 in ungeteilter Erbengemeinschaft Rechtsnachfolgerin des Erblassers.
Der am ........1950 geborene Erblasser war seit dem 25.02.2014 Bewohner eines von der Beklagten betriebenen Alten- und Pflegeheims. Der Erblasser war dement und litt unter Gedächtnisstörungen sowie psychisch-motorischer Unruhe. Ausweislich des Verlegungsberichts vom 27.07.2014 neigte er zu Lauf- und Selbstgefährdungstendenzen, war nachts unruhig und litt zeitweise unter Sinnestäuschungen. Die Beklagte brachte den Erblasser in einem Zimmer im dritten Obergeschoss/Dachgeschoss unter, das über zwei große, nicht verriegelte Dachfenster verfügte. Am 27.07.2014 stürzte der Erblasser aus einem der beiden Fenster. Am 11.10.2014 starb er trotz durchgeführter Operationen und Heilbehandlungen infolge der dabei erlittenen Verletzungen.
Mit Abtretungserklärung vom 07.09.2017 trat die Tochter der Klägerin ihre Ansprüche aus dem Nachlass des Erblassers sowie eigene Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Diese nahm die Abtretung an. Mit der Klage begehrt die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 50.000,00 EUR, nebst Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihr und ihrer Tochter als Rechtsnachfolgerinnen des Erblassers ein angemessenes Schmerzensgeld von 50.000,00 EUR zu zahlen. Aus dem Verlegungsbericht, dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 19.12.2013, den Pflegeberichten sowie aus der Tatsache, dass der Erblasser gerade aufgrund seiner Demenz mit Gedächtnisstörungen im Pflegeheim der Beklagten untergebracht worden sei, hätten sich zwingende Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung des Erblassers ergeben. Der Beklagten habe sich die Möglichkeit eines Sturzes geradezu aufdrängen müssen. Sie habe es unterlassen, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Klägerin hat dazu behauptet, es sei davon auszugehen, dass sämtliche in dem Verlegungsbericht vom 27.07.2014 enthaltenen Angaben auf vorherigen Erhebungen beruhten und nicht erst am 27.07.2014 gesammelt dokumentiert worden seien.
Die Beklagte hat behauptet, begründete Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdungs- beziehungsweise Suizidgefahr hätten nicht vorgelegen. Der Vermerk einer Selbstschädigungsgefahr im Verlegungsbericht vom 27.07.2014 ergebe sich allein aus dem Umstand, dass an diesem Tag der Fenstersturz erfolgt sei. Es liege ihrer Auffassung nach keine Verletzung der Überwachungs- und Fürsorgepflicht vor. So habe - unstreitig - kein Beschluss über freiheitseinschränkende Maßnahmen vorgelegen. Zu einer dauerhaften Überwachung sei sie nicht verpflichtet gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Vortrag der Klägerin lasse sich eine Pflichtverletzung der Beklagten beziehungsweise der für sie handelnden Personen nicht entnehmen. Bereits in dem vorangegangenen Rechtsstreit I-8 O 202/16 LG Bochum, in dem ein Prozesskostenhilfegesuch der Tochter der Klägerin mit gleichgelagertem Antrag zur Hauptsache wegen des streitgegenständlichen Vorfalls in beiden Instanzen zurückgewiesen worden sei, habe die Kammer im Beschluss vom 22.08.2016 zu den Pflichten der Beklagten aus dem Heimvertrag folgendes ausgeführt:
"Diese Pflichten sind jedoch begrenzt auf die in Pflegeheimen üblichen Maßnahmen, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind, wobei Maßstab das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare sind (vgl. BGH VersR 2005, 984). In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu beachten, dass beim Wohnen in einem Heim die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen und die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern sind (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 HeimG)".
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei angesichts dessen, dass die in dem vorliegenden Rechtsstreit zusätzlich vorgelegten Gutachten und Pflegeberichte keine über den Verlegungsbericht vom 27.07.2014 hinausreichenden Erkenntnisse zu Lasten der Beklagen beinhalteten, auch hier eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu verneinen. Insoweit verbleibe die Kammer bei ihrer Begründung aus dem Beschluss vom 22.08.2016 und folge vollin...