Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 30.04.2007; Aktenzeichen 8 O 173/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.12.2009; Aktenzeichen I ZR 201/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.4.2007 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine U/E-Vertretung in B. Sie befasst sich mit dem An- und Verkauf von neuen und gebrauchten Fahrzeugen. Die Beklagte handelt ebenfalls gewerblich mit Kraftfahrzeugen. Sie sandte der Klägerin, mit der sie bis dahin keine geschäftlichen Kontakte hatte, am 9.6.2006, ohne dass die Klägerin darum gebeten oder dem ausdrücklich zugestimmt hatte, ihr aktuelles Kfz.-Händlerangebot für den Monat Juni per elektronischer Post zu. Die Klägerin beanstandete dies als unlautere Werbung gem. §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und forderte die Beklagte vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Die Klägerin hat unter dem 27.6.2006 beantragt, der Beklagte durch einstweilige Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Nichtbeachtung aufzugeben,

"es zu unterlassen, unaufgefordert und ohne Einwilligung im geschäftlichen Verkehr Verkaufsangebote per E-Mail Werbung an Gewerbetreibende zu versenden."

Das LG hat die beantragte Verfügung am 3.7.2006 unter dem AZ 8 O 111/06 antragsgemäß erlassen. Auf den Widerspruch der Beklagten hat es die Verfügung mit Urteil vom 19.10.2006 bestätigt. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, diese aber zurückgenommen, eine Abschlusserklärung jedoch verweigert.

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es (bei Meidung von Ordnungsmitteln) zu unterlassen, unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr ohne Einverständnis per E-Mail Verkaufswerbung zu versenden.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, sie habe von einem Einverständnis der Klägerin ausgehen können, weil diese als Kfz.-Händlerin ein geschäftsbedingtes Interesse an Verkaufsangeboten Dritter habe. Hierzu hat sie ausgeführt, in der Internetrepräsentanz der Klägerin finde sich unter der Rubrik "Kontakt" die E-Mail-Adresse der Klägerin und nebenstehend folgender Hinweis: "Wenn Sie mit uns in Kontakt treten möchten, füllen Sie bitte das unten stehende Formular aus, rufen Sie uns an oder senden Sie uns ein Fax." Zudem finde sich im Impressum der Hinweis: "Email an Autohaus H GmbH" neben der gesetzlich vorgeschriebenen Email-Anschrift der Klägerin. Hieraus folge, dass die Klägerin E-Mail-Angebote wünsche. Selbst wenn dies nicht so sei, so fehle es für ein unlauteres Handeln an dem Überschreiten der Bagatellschwelle des § 3 UWG. Hierzu nämlich bedürfe es einer zusätzlichen Abwägung, in deren Rahmen auch der Umstand, dass die Klägerin zur Kontaktaufnahme aufgefordert habe, stärker zu gewichten sei.

Das LG hat den beantragten Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziff. 1; 7 Abs. 1, 2 Ziff. 3; 3 UWG für begründet erachtet. Eine unzumutbare Belästigung liege im Falle elektronischer Werbung stets vor, wenn die Adressaten zu dieser Form der Werbung nicht ausdrücklich oder eindeutig ihre Zustimmung erteilt hätten. Eine solche Zustimmung liege noch nicht darin, dass die Kl. sich mit dem Ankauf von Pkw befasse. Insbesondere sei nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Klägerin für ihren Kfz.-Handel zwingend auf jedes Verkaufsangebot angewiesen sei oder besondere Gründe für ein spezielles Interesse an dem E-Mail-Angebot vorlägen. Auch dem Kontakthinweis auf der Homepage der Klägerin sei nicht eine stillschweigende Einwilligung dahingehend zu entnehmen, dass sie die Zusendung von E-Mails beliebiger Dritter, insb. von Händlern wünsche. Vielmehr sei der Kontakthinweis auf Privatkunden zugeschnitten und auch an diese adressiert. Die Bagatellgrenze des § 3 UWG sei nach der gesetzlichen Wertung bereits überschritten, wenn eine unzumutbare Belästigung i.S.d. § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt vor, dass die konkrete Werbung informativ, leicht zu verarbeiten und anhand der Betreffzeile für die Klägerin auch klar zu erkennen gewesen sei. Die Klägerin handele mit Autos mehrerer Marken, so dass die Beklagte davon ausgehen durfte, dass sie auch an Fahrzeugen der Marke Q interessiert sein würde. Der Handel mit Gebrauchtfahrzeugen könne betriebswirtschaftlich nicht mehr allein auf dem Inzahlungnahmegeschäft ruhen, sondern erfordere den gezielten Ankauf von Fahrzeugen aller Art, um den Kunden eine angemessene Auswahl zu präsentieren. In rechtlicher Hinsicht meint die Beklagte, das LG habe zu Unrecht die Voraussetzungen einer stillschweigende...

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