Leitsatz (amtlich)
1. Die Klage eines deutschen Verbrauchers gegen ein ausländisches Unternehmen, das seinen Sitz in einem Vertragsstaat des EuGVÜ hat, auf Erfüllung einer Gewinnzusage nach § 661a BGB kann nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 EuGVÜ jedenfalls dann vor dem für den Wohnsitz des Verbrauchers zuständigen Gericht erhoben werden, wenn die Gewinnzusage an eine Warenbestellung geknüpft worden war.
2. Zur Anwendung deutschen Rechts für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erfüllung einer Gewinnzusage gegen ein ausländisches Unternehmen.
3. Dem Anspruch aus § 661a BGB steht weder entgegen, dass die unmissverständlich gemachte Zusage eines Gewinns durch Einschränkungen in klein gedruckten und unübersichtlich gestalteten „Vergabebedingungen” relativiert wird, noch die Tatsache, dass dem Verbraucher zur Erlangung des Gewinns eigene Handlungen (Anfordern des Gewinns, Bestellung von Waren aus mitgeliefertem Katalog) abverlangt werden.
Normenkette
BGB § 661a; EuGVÜ Art. 13-14; EGBGB Art. 29, 32
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 2 O 224/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Bielefeld vom 15.1.2002 abgeändert.
Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 17.895,22 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.8.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert keine der Parteien i.H.v. mehr als 20.000 Euro.
Tatbestand
Die Beklagte, die einen Versandhandel betreibt, übersandte der Klägerin ein Schreiben, das spätestens am 28.9.2000 bei dieser einging und in dem es u.a. heißt:
„Ich darf Ihnen ganz herzlich gratulieren.
1. zu Ihrem Gewinn i.H.v. 35.000 DM Gesamtgewinnsumme
2. zu Ihrem Marken-Kühlschrank oder 3.299 DM in bar
Die Nachricht über die Auszahlung i.H.v. 35.000 DM ist offiziell bestätigt.
Sie erhalten 100 % sicher garantiert 35.000 DM Gesamtgewinnsumme sofort!
Außerdem darf ich Ihnen noch die Auslieferung eines Marken-Kühlschrankes oder von 3.299 DM in bar ankündigen (streng nach Teilnahmebedingungen), wenn Sie heute für 25 DM Ware zum Test anfordern.”
Auf der Rückseite dieses Schreibens war ein Kühlschrank abgebildet mit dem Hinweis, die Klägerin erhalte diesen tollen Marken-Kühlschrank oder Bargeld als Dankeschön für ihre schnelle unverbindliche Testanforderung. Dem Schreiben war weiterhin beigefügt ein Schreiben eines „vereidigten Auszahlungs-Pretendanten”, der die Klägerin darauf hinwies, dass sie, um ihren Gewinn i.H.v. 35.000 DM zu erhalten, den 35.000 DM-Abschnitt abtrennen, ihn ausfüllen und auf den Anforderungsschein kleben und zusammen mit der unverbindlichen Testanforderung an die Beklagte absenden müsse. Es folgt der dringende Rat, die Unterlagen „am besten heute noch” zurückzusenden, sonst werde der Gewinn dem nächsten Anwärter der Gewinnkategorie zugesprochen. Der Auszahlungs-Pretendant Helmut von M., der nach der Darstellung der Beklagten in den übersandten Unterlagen Mitglied einer Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt/Main sein sollte, existiert unstreitig nicht. Den der Klägerin zugeleiteten Unterlagen waren schließlich klein gedruckte „Liefer-, Teilnahme- und Geschäftsbedingungen” beigefügt. Unter „Vergabebedingungen” weist die Beklagte darauf hin, dass Gewinner von Preisen im Wert ab 100 DM ihren Gewinn, falls von ihr, der Beklagten, gewünscht, anlässlich einer feierlichen Übergabe erhalten. Im weiteren Text heißt es:
„Unabhängig von allen im werblichen Umfeld des Kataloges gemachten Gewinnzusagen oder vergleichbaren Mitteilungen und dem durch die Gestaltung erweckten Eindruck ist erst durch diese Einladung zur Preisvergabe die Sicherheit gewährleistet, einen Preis im Wert von über 100 DM zu erhalten.”
Zum Schluss der „Vergabebedingungen” heißt es:
„Die angegebenen Geschenke für Ihre Testanforderung werden garantiert 100 %ig 1 × an den ersten Einsender vergeben. Alle weiteren erhalten ggf. ein anderes Geschenk.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen zur Klageschrift (Bl. 9-22 GA) Bezug genommen. Die Klägerin gab eine Bestellung von Waren aus dem beigefügten Katalog im Wert von 57,80 DM auf, die bei der Beklagten frühestens am 19.10.2000 einging.
Nachdem die Beklagte auch auf anwaltliche Mahnung weder einen Gewinn von 35.000 DM noch den Gegenwert des Kühlschranks i.H.v. 3.299 DM an die Klägerin gezahlt hatte, hat diese die Beträge i.H.v. insgesamt 38.299 DM bei dem LG Bielefeld eingeklagt. Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit des LG Bielefeld in Abrede gestellt, die Anwendbarkeit deutschen Rechts bestritten und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Gewinnauszahlung lägen nicht vor.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen des weiteren Parteivorbringens sowie der Anträge Bezug genommen wird, der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat seine internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 sowie Art. 13 Nr. 3 des Brüsseler Übereinkommens über die ger...