Leitsatz (amtlich)

1. Zu dem vom Kläger darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden Tatbestand der Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG zählt auch der Rückstand des Gesellschafters mit der Zahlung der Stammeinlage.

2. Der nach § 24 GmbHG in Anspruch genommene Gesellschafter kann nicht mit Erfolg einwenden, er sei selbst nur geringfügig an der GmbH beteiligt. Die Regelung des § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG a.F. bzw. § 39 Abs. 5 InsO gilt hier nicht.

 

Normenkette

GmbHG § 24

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 21.07.2010; Aktenzeichen 42 O 64/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.7.2010 verkündete Urteil des LG Essen teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte auf eine über 12.450 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 11.6.2009 hinausgehende Zahlung in Anspruch genommen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der H GmbH gegen den Beklagten, der Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin ist, im Wege der Ausfallhaftung die Zahlung der Stammeinlage des Mitgesellschafters u geltend.

Der Zeuge u hatte auf das Stammkapital der Schuldnerin eine Einlage i.H.v. 24.900 EUR übernommen, der Beklagte eine Einlage i.H.v. 100 EUR. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin forderte der Kläger den Gesellschafter u unter Androhung der Kaduzierung des Geschäftsanteils erfolglos zur Zahlung der Stammeinlage auf. Mit Schreiben vom 30.3.2007 erklärte er den Zeugen u des Geschäftsanteils für verlustig. In dem Rechtsstreit 44 O 42/07 LG Essen erwirkte er gegen den Zeugen am 19.10.2007 ein Versäumnisurteil, in dem der Zeuge u zur Zahlung von 24.900 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde. Dieses Versäumnisurteil ist rechtskräftig geworden, Zahlungen hat der Zeuge indes nicht erbracht. Er hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Der Kläger hat daraufhin den Beklagten nach § 24 GmbHG auf Zahlung von 24.900 EUR im Wege der Ausfallhaftung in Anspruch genommen. Der Beklagte hat behauptet, der Zeuge u habe seine Einlageverpflichtung erfüllt. Darüber hinaus hat er die Auffassung vertreten, als nur gering beteiligter Gesellschafter nicht nach § 24 GmbHG in voller Höhe zu haften.

Das LG hat nach Vernehmung des Zeugen u mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 24.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.6.2009 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Erfüllung der Einlageschuld durch den Mitgesellschafter u sei nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen. Die weiteren Voraussetzungen des § 24 GmbHG lägen vor; insbesondere hafte auch der nur minimal beteiligte Beklagte, da eine Privilegierung nur geringfügig beteiligter Gesellschafter im Rahmen der Regeln über die Kapitalaufbringung nicht existiere.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Er rügt die Beweiswürdigung des LG und vertieft seine Auffassung, wonach es unbillig sei, den Minderheitsgesellschafter über den Betrag seiner Stammeinlage hinaus zur Haftung heranzuziehen.

Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG Essen die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen. Insbesondere, so meint er, habe das LG zu Recht dem Beklagten die Beweislast für die Erfüllung der Einlagepflicht durch den Zeugen u auferlegt.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg. Der vom Kläger verfolgte Anspruch besteht nur i.H.v. 12.450 EUR nebst Zinsen, so dass die weitergehende Klage auf die Berufung des Beklagten zurückzuweisen war.

1. In Höhe eines Teilbetrages von 12.450 EUR ist die auf § 24 GmbHG gestützte Klage schon deshalb unbegründet, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Mitgesellschafter u mit der Leistung seiner Stammeinlage in dieser Höhe rückständig war. Der Rückstand des Gesellschafters mit der Zahlung seiner Stammeinlage stellt eine Tatbestandsvoraussetzung des § 24 S. 1 GmbHG dar, wenn ein anderer Gesellschafter im Rahmen der Ausfallhaftung in Anspruch genommen wird (BGH NJW 1996, 2306, Juris-Rz. 13; OLG Karlsruhe, GmbHR 1971, 7 [8]). Der von dem Beklagten erhobene Einwand betrifft also nicht die Erfüllung des Anspruchs, so dass der Beklagte, anders als der unmittelbar auf Leistung seiner Stammeinlage in Anspruch genommene Gesellschafter, insoweit nicht beweisbelastet ist.

Der Senat vermag auch nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, dass im vorliegenden Verfahren die dargestellte Beweislastverteilung nicht angemessen sei, weil der Gesellschafter u seiner Mitwirkungspflicht im Insolvenzverfahren nicht hinreichend nachgekommen sei und ihm, dem Kläger, der Beweis dieser negativen Anspruchsvoraussetzung deshalb schwerfalle. Das Bestehen von Beweisschwierigkeiten im Einzelfall ist ni...

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