Leitsatz (amtlich)
Zur Verständnis des Begriffs "Rückstau" in den für einen Versicherungsvertrag vereinbarten "Besonderen Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung". Nach den Bedingungen kann der Begriff "Rückstau" so zu verstehen sein, dass ein Rückstau nur dann vorliegt, wenn Wasser aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes austritt. Ein Rückstau im Sinne dieser Versicherungsbedingungen liegt dann nicht vor, wenn Niederschlagswasser nicht mehr von der Rohrleitung des Gebäudes aufgenommen werden kann.
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 4 O 177/15) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass das angefochtene Urteil des Landgerichts Bochum vom 23.12.2016 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sein dürfte.
Die Klägerin mag binnen drei Wochen mitteilen, ob sie die Klage aus Kostengründen zurücknimmt.
Andernfalls mögen die Parteien mitteilen, ob sie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind.
Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte einer Klagerücknahme zustimmt. Andernfalls mag sie sich binnen drei Wochen erklären.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist begründet, da die Klage nach derzeitiger Würdigung des Sach- und Streitstandes unbegründet ist.
Die geltend gemachten Haupt-, Neben- und Hilfsansprüche stehen der Klägerin nicht zu, da nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht von einem versicherten Ereignis ausgegangen werden kann.
Da Sturm im Sinne des § 8 VGB 2002 und Überschwemmung im Sinne des § 3 BEW 2008 unstreitig und nach dem Vortrag der Klägerin tatsächlich nicht vorlagen, kommt als versichertes Ereignis nur ein Rückstau im Sinne des § 4 BEW 2008 in Betracht, von dem das Landgericht ausgegangen ist.
Ein solcher liegt aber tatsächlich nicht vor.
In § 4 BEW 2008 heißt es:
"Rückstau liegt vor, wenn Wasser [...] durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes oder dessen zugehörigen Einrichtungen austritt."
1. Ein Rückstau, der zu einem Wasseraustritt auf der Dachterrasse sowie von dort aus zu einem Eindringen des Wassers in das Gebäude führte und die geltend gemachten Schäden auslöste, kann aufgrund des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 10.08.2016 entgegen den Feststellungen des angefochtenen Urteils und entgegen den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2016 (GA 124 f.) ausgeschlossen werden.
Wesentliche Grundlage der Feststellungen des Landgerichts bzw. der Angaben des Sachverständigen war, dass Letzterer beim Ortstermin auch den Keller des Hauses in Augenschein genommen und dabei festgestellt habe, dass die Entwässerung unterhalb des Bürgersteigs erfolge. Daraus sei abzuleiten, dass - wenn man davon ausgehe, an jenem Tag sei der Kanal voll gewesen - das Abflussrohr auch voll war und die Regenmenge auf der Terrasse nicht mehr aufgenommen werden konnten (Urteilsumdruck Seite 4, GA 133r, und Protokoll vom 09.12.2016 Seite 2, GA 125).
Selbst wenn, was das Landgericht nicht allein aufgrund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung (Protokoll vom 09.12.2016 Seite 2, GA 125) und der Mutmaßungen des Sachverständigen feststellen konnte, die Kanalisation tatsächlich überlastet gewesen und deshalb ein Abfließen des Niederschlagswasser aus dem Fallrohr ausgeschlossen gewesen sein sollte, wäre in diesem Fall das Niederschlagswasser nicht auf der Terrasse ausgetreten oder hätte von dort nicht mehr abfließen können.
Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen an der Dachterrasse im Rahmen des durchgeführten Ortstermins. Er hat im Sachverständigengutachten festgehalten, dass sich die Entwässerungsebene der Dachterrasse unterhalb der Nutzebene befindet. An der nordöstlichen Ecke der Terrasse ist ein Bodeneinlauf erkennbar, der in der Entwässerungsebene eingebaut ist. An der Außenseite der Dachterrasse ist analog zum Bodeneinlauf ein Einlaufkasten montiert. In diesen Kasten führt eine Kunststoffleitung, die augenscheinlich Wasser aus dem Bodeneinlauf in den Einlaufkasten leitet. An der Unterseite des Kastens ist ein Regenfallrohr montiert. Dieses ist an die Gebäudeentwässerung angeschlossen (Gutachten vom 10.08.2016 Seite 3). Dies entspricht den vom Sachverständigen vor Ort gefertigten Fotos (Gutachten vom 10.08.2016 Foto 2 und Foto 3).
Sollte die Kanalisation also tatsächlich überlastet und deshalb ein Abfließen des Niederschlagswasser aus dem Fallrohr ausgeschlossen gewesen sein, hätte das Wasser aus dem Sammelkasten auslaufen müssen, da dieser nach oben offen ist. Das Wasser hätte nicht von der Kanalisation bis in die Entwässerungsebene der Dachterrasse und schon gar nicht auf die noch oberhalb liegende Dachterrasse sowie in die Wohnung gedrückt werden können. Umgekehrt wäre von der Dachterrasse ablaufendes Wasser in den Sammelkasten gedrückt worden und wäre über dessen Oberkanten über- / abgelaufen.
2. Selbst wenn man dies aber außer Betracht ließe, also von einem durchgehenden Rohr von der Terrasse bis zur Kanalisation ausgi...