Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft finden auch auf einen nur durch Erbringung von Einlageleistungen in Vollzug gesetzten Vertrag über den Beitritt als stiller Gesellschafter zu einer Aktiengesellschaft Anwendung. Die Beschlussfassung der Hauptversammlung und die Eintragung ins Handelsregister sind hierfür nicht notwendig. Der Schutzzweck der §§ 293 ff. AktG steht dem nicht entgegen.
2. Ob und unter welchen Voraussetzungen sich der beitretende Anleger wieder von dem Vertrag lösen kann, wenn dieser nicht alsbald der Hauptversammlung zur Genehmigung vorgelegt wird, bleibt offen.
Normenkette
BGB § 178; AktG § 293 ff.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 3 O 433/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.2.2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, der am 16.3.1999 auf zwei ihm von einem Vermittler der Beklagten vorgelegten Zeichnungsscheinen eine Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter am sog. Unternehmenssegment VII der Beklagten zeichnete und diese Beteiligung mit Anwaltsschreiben vom 20.4.2001 widerrief, begehrt mit der Klage die Rückzahlung der bisher auf seine Beteiligungen an der Beklagten eingezahlten Beträge. Er hat diese Forderung in erster Instanz auf einen Rückgewähranspruch gem. § 3 HTWG gestützt. Die Parteien haben insoweit darum gestritten, ob die Widerrufsfrist durch eine ordnungsgemäße Belehrung in Lauf gesetzt worden ist.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Einzelnen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen, weil es an einem rechtzeitigen Widerruf fehle. Die einwöchige Widerrufsfrist sei wirksam in Lauf gesetzt worden; die Belehrung sei weder missverständlich noch widersprüchlich. Ein Rückabwicklungsanspruch aus anderen Rechtsgründen sei nicht dargetan. Zudem habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage ausdrücklich klargestellt, dass er sein Begehren nur auf eine Rückabwicklung nach dem HTWG stütze.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein Rückzahlungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Auszahlung des sich aus einer von ihr per 30.4.2001 zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz für die Verträge Nr. 18 62 … und 18 626 … zugunsten des Klägers ergebenden Guthabens nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz nach § 1 DÜG zu verurteilen.
Er stellt die Rechtsansicht des LG zu Widerruf nach dem HTWG unter Wiederholung seiner erstinstanzlich vorgetragenen Auffassung zur Überprüfung und macht i.Ü. geltend, dass die Verträge aufgrund der ausgesprochenen Anfechtung bzw. Kündigung aufgrund des betrügerischen Verhaltens des Zeugen B. von Anfang an nichtig seien. Denn dieser habe ihn durch wahrheitswidrige und beschönigende Angaben dazu verleitet, seriöse und sichere Kapitalanlagen aufzukündigen, minimale Rückkaufswerte zu realisieren und diese in eine völlig unsichere und nicht werthaltige Kapitalanlage zu investieren. Der Emissionsprospekt sei nicht ausgehändigt worden. Wegen der i.Ü. vorgetragenen Einzelheiten, insb. zu den behaupteten Aussagen des Ermittlers B., wird auf S. 4 ff. der Berufungsbegründung = Bl. 176 ff. GA verwiesen.
Der Kläger meint, der ergänzende Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz sei zulässig, weil die angefochtene Entscheidung aufgrund im Einzelnen ausgeführter schwerwiegender Verfahrensfehler ergangen sei.
Er meint weiter, dass die Beklagte die Einlagenrückgewähr auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes schulde, da er bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Einlagen nicht gezeichnet hätte, und dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar seien. Außerdem würde selbst bei deren Anwendbarkeit die geleistete Einlage den Mindestbetrag des Auseinandersetzungsguthabens darstellen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der darin enthaltenen Auffassung zur Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung bei.
Sie widerspricht i.Ü. unter näherer Darlegung im Einzelnen den tatsächlichen Behauptungen des Klägers zum Ablauf des Beratungsgesprächs und den angeblichen Erklärungen des Vermittlers B. Ferner meint sie, dass ein Zahlungsanspruch gem. §§ 123, 812 BGB oder aus Verschulden bei Vertragsschluss ebenfalls ausscheide, da selbst bei einer insoweit unterstellten Fehlberatung nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft allenfalls ein Anspruch auf Auseinandersetzung bestünde. Dieses Rechtsinstitut setze sich auch ggü. einem Schadensersatzanspruch durch. Die Klage sei dann nur begründet, wenn das Auseinandersetzungsguthaben in jede...