Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Lieferanten gegenüber dem Leasingkunden wegen Verletzung von Informationspflichten aus einer Kaufoption im Rahmen eines Finanzierungs-leasinggeschäfts
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 249 Abs. 1, §§ 433, 254 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin ist niedergelassene Gynäkologin. Anfang 2003 beabsichtigte sie, ihre Arztpraxis durch eine neue EDV-Anlage zu modernisieren. Zu diesem Zweck wandte sie sich an die Beklagte, die ein Computerfachgeschäft betreibt, in dem Hard- und Softwarelösungen angeboten werden.
Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen wurde die Finanzierung durch ein Leasinggeschäft besprochen. Die Beklagte stellte hierzu den Kontakt zu der M-Leasing GmbH her. Mit dieser schloss die Klägerin einen schriftlichen Leasingvertrag über die bei der Beklagten ausgesuchte EDV-Anlage. Der Leasingvertrag sah monatliche Leasingraten von netto 551,94 EUR und eine abschlusszahlungsfreie Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten zum Ablauf des 36. Monats vor.
Mit der Beklagten schloss die Klägerin gleichzeitig für die Zeit nach Beendigung des Leasingvertrags einen schriftlichen Kaufvertrag. Vorgesehen waren der Erwerb der Leasingsache durch die Beklagte und die anschließende Veräußerung an die Klägerin. In dem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte zum Verkauf frühestens nach 36 Monaten und die Klägerin zur Kaufpreiszahlung von netto 831,23 EUR, "fällig nach Ablauf des Leasingvertrages ... frühestens nach 36 Monaten".
In der Folgezeit leistete die Klägerin die Leasingraten von Juni 2003 bis einschließlich September 2011 an die M-Leasing GmbH. Im November 2007 schlossen die Parteien zudem einen Service- und Beratungsvertrag bezüglich der bei der Klägerin vorhandenen Hard- und Software.
Anlässlich einer Besprechung der Parteien in der Arztpraxis der Klägerin am 7.9.2011 fiel sodann auf, dass der Leasingvertrag nicht gekündigt worden war. Auf Veranlassung der Beklagten stimmte die M-Leasing GmbH der sofortigen Vertragsbeendigung zu und übereignete die EDV-Anlage an die Klägerin.
Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagte auf Schadensersatz - Erstattung der über den 5.6.2006 hinausgehend gezahlten Leasingraten i.H.v. insgesamt 41.791,79 EUR - wegen der Verletzung vertraglicher Informations- und Auskunftspflichten in Anspruch.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise
Entscheidungsgründe
Die Beklagte ist aufgrund schuldhafter Verletzung vertraglicher Nebenpflichten nach den §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1, 433 BGB zum Ersatz des der Klägerin hierdurch entstandenen Schadens i.H.v. 9.330,73 EUR verpflichtet.
1. Zwischen den Parteien ist ein Schuldverhältnis i.S.d. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zustande gekommen. Die Parteien haben sich mit dem Inhalt der Vertragskurkunde vom 14.5.2003 über den Verkauf der Leasingsache [nach Ablauf des Leasingvertrages] schuldrechtlich wirksam geeinigt. Der Vertrag ist auf eine dauerhafte Überlassung der Kaufsache "EDV-Anlage" gegen Zahlung eines einmaligen Entgelts gerichtet.
a. Wird eine derartige Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Leasingvertrags zwischen Lieferant und Leasingkunde getroffen, handelt es sich um eine vom Leasinggeber nicht autorisierte Kaufoption, aus der nur der Lieferant selbst verpflichtet wird (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1421; Weber NJW 2005, 2197 ff.; H. Beckmann in: Martinek/Stoffels, Handbuch des Leasingrechts, 2. Aufl., § 6 Rz. 40). Damit ist bereits im Mai 2003 ein Kaufvertrag unmittelbar zwischen der Klägerin und der Beklagten als Lieferantin zustande gekommen, der nach den Vereinbarungen der Parteien erst 36 Monate später erfüllt werden sollte. Es handelte sich daher nicht um einen "normalen" Kaufvertrag, sondern um ein "Langzeitschuldverhältnis", das ähnlich wie bei einem Bauvertrag die Vertragspartner zu besonderer Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen und zur Kooperation verpflichtet.
b. Der Kaufvertrag ist unbedingt geschlossen worden. Es handelt sich nicht um ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB.
Der Vertragsurkunde lässt sich ein dahingehender Wille der Parteien, dass die Wirkungen des Rechtsgeschäfts erst mit der Beendigung des Leasingvertrags eintreten sollten, nicht entnehmen. Vielmehr ist die kaufvertragliche Einigung unbedingt erfolgt. Lediglich die Verkäuferpflichten aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB sollten erst nach Ablauf des Leasingvertrags, frühestens nach 36 Monaten, fällig werden. Es handelt sich deshalb um eine Fälligkeitsregelung. Dem entspricht § 2 des Vertrags, der auch die Kaufpreiszahlung entsprechend hinausschiebt und eine ausdrückliche Fälligkeitsregelung der Käuferpflicht aus § 433 Abs. 2 BGB enthält.
2. Die Beklagte hat eine ihr aus diesem Schuldverhältnis gegenüber der Klägerin obliegende vertragliche Nebenpflicht i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB verletzt.
a. Insoweit ist ein Verstoß gegen die vertraglichen Hauptleistungspflichten aus dem Kaufvertrag vom 14.5.2003 nicht gegeben. Diese Vertragspflichten hat die Beklagte erfüllt.
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