Entscheidungsstichwort (Thema)
MBKK: Prämienanpassung
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Erfordernis der Begründung von Prämienanpassungen in der privaten Krankheitskostenversicherung (Begründung hier ausreichend; unter II 1 d).
2. Zum Begriff "Leistungsausgaben" in diesem Zusammenhang.
3. Der Umstand, dass die Begründung keine Angaben dazu enthält, ob bei den Versicherungsleistungen eine Veränderung nach oben oder unten zu der An-passung geführt hat, macht die Begründung nicht fehlerhaft.
4. Unschädlich ist im Streitfall auch, dass die Begründung auf eine Abweichung von "mindestens" 10 % abstellt.
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 10 O 247/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.07.2020 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hagen unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger die Feststellung begehrt hat, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer 000967571L unwirksam sind:
- a) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "Vital 250" die Erhöhung zum 01.01.2016 um 146,27 EUR und
- b) in der Krankheitskostenversicherung im Tarif "KHT 2" die Erhöhung zum 01.01.2015 um 2,19 EUR.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.344,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.09.2019 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die Beitragsanpassungen zum 01.01.2015 und zum 01.01.2016 gezahlt hat, jedoch nur für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis einschließlich zum 26.09.2019.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.212,61 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 32 % und die Beklagte 68 %. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Für den Kläger besteht bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung mit den Tarifen Vital 250, TV42, KHT2 und ZPRO. Daneben war er im Tarif PVN bei der Beklagten pflegepflichtversichert.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit verschiedener von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen in der Krankheitskostenversicherung.
Zum 01.01.2012 erhöhte die Beklagte die Prämie im Tarif Vital 250 um einen Betrag von 47,81 EUR sowie im Tarif TV 42 um einen Betrag von 7,67 EUR. Zuvor hatte sie dem Kläger im November des vorangegangenen Jahres eine Begründung für die Beitragsanpassung übersandt, wegen deren genauen Wortlauts auf die Anlage KGR 1 (Bl. 34 der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden eGA-I und für die zweite Instanz eGA-II) verwiesen wird.
Im Tarif 42 erfolgte zum 01.01.2013 eine weitere Erhöhung um 1,91 EUR. Auch hier hatte die Beklagte dem Kläger im November 2012 eine Begründung übersandt; wegen des Wortlauts des Begründungsschreibens wird verwiesen auf die Anlage KGR 2 (eGA-I 27).
Zum 01.01.2015 erhöhte die Beklagte den Beitrag im Tarif KHT 2 um 2,19 EUR. Wegen der genauen Fassung der dem Kläger auch hier zuvor übersandten Begründung wird verwiesen auf die Anlage BLD 22 (eGA-II 163).
Mit Wirkung zum 01.01.2016 wurde der Beitrag im Tarif Vital 250 um 146,27 EUR erhöht. Die dem Kläger zuvor übersandte Begründung hatte den aus der Anlage KGR 4 (eGA-I 44) ersichtlichen Inhalt.
Schließlich erfolgte eine Anpassung der Prämie im Tarif ZPRO zum 01.01.2017, nämlich eine Erhöhung um 12,76 EUR.
Mit seiner am 26.09.2019 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst die Rückzahlung angeblich überzahlter Prämien bis Ende 2018, die Feststellung der Unwirksamkeit der angegriffenen Prämienerhöhungen sowie schließlich den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Nach Eingang der Klageerwiderung hat er - wegen einer von ihm angenommenen Heilung der behaupteten Begründungsmängel - den Feststellungsantrag für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung nicht angeschlossen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Begründungen der Beklagten für die Prämienerhöhungen genügten den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (eGA-I 631 ff.).
Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Er hat in seiner Berufungsbegründung erklärt, die erstinstanzliche Erledigungserklärung wegen des Feststellungsantrages zu "widerrufen". Dazu hat er vorgetragen, die Prämienanpassungen nunmehr auch in materiell-rechtlicher Hinsicht anzugreifen. Ferner hat er die Kl...