Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 13.11.2014; Aktenzeichen 8 O 7/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.11.2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Siegen - Az. 8 O 7/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer des am 09.02.1939 geborenen, unter Betreuung stehenden Heimbewohners. Dieser lebt seit dem 01.12.2011 in einem von der Beklagten betriebenen Altenheim. Der Heimbewohner leidet an Demenz, erlitt im August 2011 einen Schlaganfall und musste sich nach einem Ileus einen Anus praeter legen lassen. Wegen ständiger Unruhe und seinen Versuchen, aus Bett und Rollstuhl zu klettern, beantragte der Betreuer des Heimbewohners beim AG Olpe die Genehmigung freiheitsbeschränkender Maßnahmen, welche mit Beschluss des AG Olpe vom 01.12.2011 mit folgendem Wortlaut genehmigt wurden:

"In dem Betreuungsverfahren... wird die zeitweise Beschränkung der Freiheit des Betroffenen betreuungsgerichtlich genehmigt, soweit dazu eingesetzt werden:

Am Tage Beckengurt, Vorstecktisch oder ähnliches, während der Bettruhezeiten Bettgitter.

In den von der Beklagten erstellten Pflegeprotokollen wurde die Unruhe des Heimbewohners dokumentiert. So wurde z.B. in den Pflegeplanungen des Altenheims am 05.01.2013 folgendes vermerkt:

"Der Heimbewohner ist durch seine Demenz erhöht sturzgefährdet. Er kann seine Fähigkeiten nicht einschätzen. Der Heimbewohner versucht selbstständig aus dem Rollstuhl aufzustehen."

Unter dem 06.01.2012 hieß es u.a.:

"Der Heimbewohner muss unter ständiger Aufsicht sein, da er bei den Versuchen selbst aufzustehen sturzgefährdet ist".

Unter dem 08.02.2012 ist in der Rubrik "Probleme" dokumentiert:

"Bei dem Heimbewohner Selbstgefährdung durch Übersteigen des Bettgitters."

Am 11.02.2012 wurde der Heimbewohner um 13:00 Uhr wie gewohnt ins Bett gelegt. Dabei wurde ihm der Beckengurt angelegt und das Bettgitter hochgezogen. Der Heimbewohner war jedoch unruhig, zog sich den Stomabeutel und beschmierte sich und den Fixierungsgurt mit Kot. Er wurde daraufhin von einer Mitarbeiterin der Beklagten gesäubert und lag anschließend um 13:30 Uhr wieder im Bett. Das Bettgitter wurde hochgezogen. Der Beckengurt wurde ihm jedoch nicht angelegt, weil dieser nass und deswegen nicht einsatzfähig war. Um 13:45 Uhr wurde der Heimbewohner in seinem Zimmer vor der Badezimmertür liegend gefunden. Er wurde noch am Abend desselben Tages mit dem Krankenwagen in ein Krankenhaus in Attendorn gefahren, wo er stationär bis zum 21.02.2012 behandelt wurde.

Mit der Klage verlangt die Klägerin den Ersatz von Heilbehandlungskosten.

Die Klägerin hat behauptet, der Heimbewohner sei über das Bettgitter geklettert, anschließend in seinem Zimmer gestürzt und habe sich dadurch eine Schenkelhalsfraktur links zugezogen. Der dadurch in Form von Heilbehandlungskosten entstandene Schaden betrage insgesamt 8.469,40 EUR, wobei 7.706,12 EUR auf Krankenhausbehandlung, 364,64 EUR und 46,89 EUR auf Krankentransporte sowie 121,45 EUR und 99,05 EUR auf Physiotherapie und 131,25 EUR auf die ambulante Behandlung entfielen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ihre Pflichten verletzt. Zum einen sei der Sturz des Heimbewohners aufgrund seiner bekannten Unruhe vorhersehbar gewesen. Zum anderen hätte ein anderer Beckengurt zur Verfügung stehen und ihm angelegt werden müssen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 8.469,40 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, für den Heimbewohner insgesamt zwei Beckengurte vorgehalten zu haben. Beide Beckengurte seien an diesem Tag nicht einsatzfähig gewesen, weil der Heimbewohner sich auch am Morgen des 11.02.2012 den Stomabeutel gezogen und dadurch den anderen Beckengurt mit Kot beschmiert habe. Dieser sei gewaschen und anschließend zum Trocknen auf die Heizung vor dem Zimmer des Heimbewohners gelegt worden. Sie bestreitet die Ursächlichkeit des Sturzes für die später am Tag festgestellte Oberschenkelhalsfraktur und behauptet hierzu, der Heimbewohner habe unmittelbar nach dem Sturz am Rollator stehen können.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie habe durch das Hochziehen des Bettgitters die nötige Sorgfalt an den Tag gelegt. Mit dem eventuellen Sturz habe sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.

Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen. Mehr als zwei Beckengurte müssten pro fixierungsbedürftigem Bewohner nicht vorgehalten werden, zumal das AG Olpe ohnehin keine Fixierung mit Beckengurt rund um die Uhr erlaubt habe. Die Beklagte habe bewiesen, dass am 11.02.2012 die beiden Beckengurte gewaschen werden mussten und deshalb nicht einsetzbar gewesen seien.

Es stelle keine Pflichtverletzung dar, dass die Beklagte den Heimbewohner nicht mit dem Gurt einer anderen Heimbewohnerin fixiert hat. Bei dem ...

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