Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung gezahlten Gerichtskostenvorschusses nach PKH-Bewilligung

 

Normenkette

ZPO § 122 Abs. 1

 

Gründe

I. Der Vertreter der Kl. reichte für die ASt. am 6.9.2005 Scheidungsantrag ein unter Beifügung eines Verrechnungsschecks für Gerichtsgebühren i.H.v. 362 EUR, ausgehend von einem vorläufigen Gegenstandswert von 8.500 EUR. Gleichzeitig beantragte die ASt., ihr Prozesskostenhilfe [PKH] unter Beiordnung von Rechtsanwalt W zu bewilligen. Im Verhandlungstermin v. 23.3.2006 wurde der ASt. ratenfreie PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts bewilligt. Mit Urteil vom gleichen Tag wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Den Streitwert für das Ehescheidungsverfahren setzte das FamG auf 6.000 EUR fest.

Als die ASt. Ausgleich der Gerichtskosten beantragte, wurde die Landesoberkasse angewiesen, der ASt. 226 EUR zu zahlen. Die Rückzahlung des Weiteren, als Vorschuss eingezahlten Betrags von 136 EUR, der die Hälfte der angefallenen Gerichtsgebühren ausmacht, lehnte der Kostenbeamte ab. Die dagegen gerichtete Erinnerung hat das FamG nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors mit Beschluss v. 10.1.2007 zurückgewiesen. Die Beschwerde wurde zugelassen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Prozessbevollmächtigte der ASt. mit seiner Beschwerde v. 19.1.2007.

II. Die Beschwerde ist begründet.

Der erkennende Senat hält nicht mehr an der in dem Beschluss v. 16.9.1987 (5 WF 90/87) vertretenen Rechtsauffassung fest.

Zwar regelt § 122 I Nr. 1a ZPO, dass die befreiende Wirkung von PKH nur für rückständige und entstehende Gerichtskosten gilt. Früher wurde deshalb überwiegend die Meinung vertreten, dass, wenn mit Einreichung der Antrags- bzw. Klageschrift ein Gerichtskostenvorschuss eingezahlt wird, die spätere Bewilligung von PKH auch bei Berücksichtigung der Rückwirkung auf den ASt. nicht zahlungsbefreiend wirkt.

"Rückständige" Gerichtskosten sind Gebühren und Auslagen, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der PKH-Bewilli-gung, das ist vorliegend der Tag der Antragstellung, bereits fällig geworden, aber noch nicht bezahlt worden sind (OLG Düsseldorf v. 29.11.1989 - 11 WF 16/89, FamRZ 1990, 299). Im vorliegenden Fall fallen Zahlungszeitpunkt (Einreichung des Verrechnungsschecks) und Zeitpunkt der Wirksamkeit der PKH zusammen. Der erkennende Senat ist nunmehr der Auffassung, dass die Bewilligung von PKH mit Rückwirkung auf den Tag der Antragstellung dazu führt, dass die ASt. bereits an diesem Tag von sämtlichen Gerichtskosten befreit war, sodass ein gezahlter Gerichtskostenvorschuss zurückzuerstatten ist (so auch OLG Hamburg, MDR 1999, 2187; OLG Koblenz v. 11.10.2004 - 14 W 648/04, MDR 2005, 349; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.12.2002 - 8 WF 80/02, OLGReport Stuttgart 2003, 413 = zitiert nach Juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.4.1993 - 2 WF 103/91, zitiert nach Juris; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 122 Rz. 4; Thalmann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 1992, § 122 Rz. 8; Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl., § 122 Rz. 4).

Die Vorschrift des § 122 I Nr. 1a ZPO ist nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach dem Sinn der Vorschrift dahingehend auszulegen, dass einer hilfsbedürftigen Partei die Rechtsverfolgung ermöglicht werden soll. Wenn eine Partei die Gerichtskosten sofort mit Antragstellung einzahlt, um, wie der Prozessbevollmächtigte der ASt. hier vorträgt, den Gang des Verfahrens zu beschleunigen und die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Wirkung einer alsbaldigen Zustellung zu erwirken, handelt es sich der Sache nach um eine Zahlung unter Vorbehalt (OLG Stuttgart, a.a.O.). Die bedürftige Partei ist nicht auf § 14 Nr. 3 GKG zu verweisen, um eine vorschussunabhängige Beschleunigung der Zustellung zu erreichen. Die Beschränkung auf diesen Weg wird den Anforderungen an die Gleichbehandlung der Parteien nicht in ausreichendem Maße gerecht, da der Nachweis der entsprechenden Voraussetzungen oft nicht ohne weiteres schnell feststellbar ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1774332

FamRZ 2007, 1028

OLGR-Süd 2007, 874

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