Leitsatz (amtlich)
Eine - unzulässige - Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat keine Auswirkungen auf den Streitwert, wenn das Gericht von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung absieht. Das gilt auch dann, wenn das Gericht im Urteilstenor die Klageerweiterung "als unzulässig" abweist.
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Beschluss vom 17.08.2005; Aktenzeichen 2 O 421/04) |
Tenor
1. Der Beschluss des LG Heidelberg vom 17.8.2005 - 2 O 421/04 - (Streitwertfestsetzung) wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das gesamte Verfahren des LG einheitlich auf 5.528,21 EUR festgesetzt wird.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg vom 21.10.2005 - 2 O 421/04 - wie folgt abgeändert:
Auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Heidelberg vom 9.8.2005 sind an Kosten zu erstatten: 1.038,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit 15.8.2005 von dem Kläger an die Beklagte.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.764,36 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hat mit seiner Klageschrift vom 14.12.2004 zum LG Heidelberg von der Beklagten die Bezahlung einer Kaufpreisforderung i.H.v. 5.528,21 EUR nebst Zinsen verlangt. Der Einzelrichter des LG hat im Termin vom 21.6.2005 mehrere Zeugen vernommen. Die Parteien haben über den Antrag des Klägers aus der Klageschrift vom 14.12.2004 streitig verhandelt. Am Ende der Verhandlung hat der Einzelrichter Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 9.8.2005 bestimmt und gleichzeitig den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, "zum Ergebnis der Beweisaufnahme bis Dienstag, den 19.7.2005 Stellung (zu) nehmen".
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 18.7.2005 hat der Kläger zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen und gleichzeitig erklärt, er erweitere "in diesem Schriftsatz" die Klage. Er hat nunmehr Zahlungsansprüche gegen die Beklagte i.H.v. 128.472,04 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Das LG hat ein Doppel dieses Schriftsatzes der Beklagten formlos übersandt.
Mit Urteil vom 9.8.2005 hat das LG Heidelberg die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im Tenor der Entscheidung hat das LG gleichzeitig "die Klaganträge gemäß Schriftsatz vom 18.7.2005 ... als unzulässig abgewiesen.". In den Entscheidungsgründen hat das LG nur die Begründetheit des ursprünglichen Antrags i.H.v. 5.528,21 EUR geprüft (und verneint); die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 18.7.2005 sei - nach Schluss der mündlichen Verhandlung - unzulässig gem. § 296a ZPO. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die beabsichtigte Klageerweiterung bestehe kein Anlass.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.8.2005 hat die Beklagte die Festsetzung der Gebühren ihres Rechtsanwalts gegen den Kläger beantragt. Die Beklagte hat hierbei für ihren Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 128.472,04 EUR und eine Terminsgebühr aus einem Streitwert von 5.528,21 EUR angesetzt. Mit Beschluss vom 17.8.2005 hat der Einzelrichter des LG Heidelberg den Streitwert festgesetzt auf 5.528,21 EUR für die Zeit bis zum 24.7.2005 und auf 128.472,04 EUR für die Zeit ab dem 25.7.2005. Mit Beschluss vom 21.10.2005 hat die Rechtspflegerin die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten entsprechend dem Antrag des Klägers auf 2.802,76 EUR nebst Zinsen festgesetzt, wobei Gerichtskosten i.H.v. 35 EUR hinzugesetzt worden sind.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er vertritt die Auffassung, die angekündigte Klageerweiterung im Schriftsatz vom 18.7.2005 sei nicht rechtshängig geworden und daher im Urteil des LG auch "nicht berücksichtigt" worden. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe daher eine Verfahrensgebühr nicht aus dem Gegenstandswert von 128.472,04 EUR sondern lediglich aus dem geringeren Wert von 5.528,21 EUR verdient.
Die Beklagte tritt der sofortigen Beschwerde entgegen. Sie meint, die Klageerweiterung sei trotz formloser Übersendung des Schriftsatzdoppels rechtshängig geworden. Der Beklagtenvertreter habe im Hinblick auf die Klageerweiterung auch schon Tätigkeiten entfaltet, da er sich mit dem Schriftsatz beschäftigt und diesen "einer Behandlung zugeführt" habe. Daher sei die Verfahrensgebühr aus dem für die Klageerweiterung maßgeblichen Streitwert zu berechnen.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG ist zulässig und im ...