Entscheidungsstichwort (Thema)
elterliche Sorge: Fehlverhalten des Sorgeberechtigten und Kindeswohl. Familiensache
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil haben, konkretisiert sich im Sorgerechtsstreit die Kindeswohlprüfung auf die Frage, ob ein Wechsel des Aufenthaltsortes der Kinder angezeigt ist bzw. deren Wohl am besten entspricht. Leben die Kinder bei dem arbeitslosen Vater, kommt demnach ein Wechsel des Lebensmittelpunktes der Kinder nur in Betracht, wenn bei der Mutter im Vergleich zum Vater bessere Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder bestehen.
2. Der Umstand, daß der Vater die Kinder nach einem Umgangsrechtswochenende entgegen dem bestehenden gerichtlichen Beschluß nicht zurückgebracht und damit den Lebensmittelpunkt der Kinder eigenmächtig verändert hat, ist für die Entscheidung, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen ist, für sich genommen nicht ausschlaggebend, da nicht das Fehlverhalten eines Sorgeberechtigten zu sanktionieren, sondern die Entscheidung zu treffen ist, die dem Kindeswohl am besten entspricht. Stellt sich dabei nach Sachverständigenanhörung heraus, daß die Kinder beim Vater bleiben sollen, so ist dies im Sinne des Kindeswohls von der Mutter hinzunehmen.
Normenkette
BGB § 1671
Tenor
1. Der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – K. vom 03.12.1999 (1 F 139/97 SO) wird auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners dahingehend abgeändert, daß auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht bzgl. der Tochter J. geb. am 05.10.1995, auf den Vater (Antragsgegner) übertragen wird.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts für den Sohn M., geb. am 15.10.1993, wird zurückgewiesen.
3 a. Die Antragstellerin erhält das Recht, die ehegemeinschaftlichen Kinder M., geb. am 15.10.1993, und J., geb. am 5.10.1995, in 14-tägigem Abstand in der Zeit von Freitag 17.00 Uhr, bis Sonntag, 18.00 Uhr, zu sich zu nehmen. Zu diesem Zweck wird der Antragsgegner erstmals am Freitag, den 27. Oktober 2000, zur Ausübung des Umgangsrechts die Kinder der Mutter an deren Wohnort übergeben. Die Mutter wird die Kinder am Sonntagabend zur Wohnung des Vaters bringen.
b. Der weitergehende Antrag, der Antragstellerin den Umgang mit den ehegemeinschaftlichen Kindern am Mittwochnachmittag in 14-tägigem Abstand zu gewähren, wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
5. Der Beschwerdewert wird auf 10.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien haben am 25. Februar 1994 miteinander die Ehe geschlossen. Sie sind durch rechtskräftiges Urteil vom 26.03.1999 geschieden. Das zunächst im Verbund geführte Sorgerechtverfahren bzgl. ihrer Kinder M., geb. am 15.10.1993, der durch die nachfolgende Eheschließung als eheliches Kind legitimiert wurde sowie J., geb. am 05.10.1995, wurde durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – K. vom 26.03.1999 im Verfahren 3 F 139/97 abgetrennt.
Nach der Trennung der Eltern im März 1997 waren beide Kinder zunächst bei der Mutter. Mit Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – K. vom 04.12.1998 (1 F 43/98) war dem Vater ein 14-tägiges Umgangsrecht eingeräumt worden. Von dem turnusmäßigen Umgangsrechtswochenende am 17./18.04.1999 hat der Antragsgegner die Kinder nicht mehr zur Antragstellerin zurückgebracht. Der daraufhin von beiden Eltern gestellte Antrag auf vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes wurde vom Amtsgericht – Familiengericht – K. mit Beschluß vom 30.4.1999 (1 F 139/97 EA) im Hinblick auf ein zu erhebendes Sachverständigengutachten zurückgewiesen, was zur Folge hatte, daß die Kinder beim Vater blieben. Der Antragstellerin wurde ein Umgangsrecht mit beiden Kindern an jedem Samstag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr eingeräumt. Die vom Gericht bestellte und später erkrankte Sachverständige Dipl.-Psychologin H. S. hat in ihrem Gutachten von 9.8.1999 ausgeführt, daß es dem Wohle von J. am meisten diene, wenn sie ihren Lebensschwerpunkt möglichst bald wieder bei der Mutter finden könne und die Beziehung zum Vater durch Besuche pflege. Bei M., der seinen Äußerungen nach eher zum Vater tendiere, aber auch seine Mama haben wolle, sei das Bild nicht so eindeutig. Er könnte seinen Lebensschwerpunkt auch beim Vater finden. Allerdings sei dies auch bei der Mutter vorstellbar. Für einen Wechsel zurück zur Mutter spreche, daß dadurch eine Trennung der Geschwister vermieden werde. Bei einer Gesamtschau aller erhobenen Befunde sei deshalb zu empfehlen, daß beide Kinder ihren Lebensmittelpunkt wieder bei der Mutter finden.
Mit Beschluß vom 03.12.1999 (1 F 139/97 SO) hat das Familiengericht daraufhin unter Aufrechterhaltung des gemeinsamen Sorgerechts für beide Kinder das Aufenthaltsbestimmungsrecht bzgl. M. auf den Antragsgegner und bzgl. J. auf die Antragstellerin übertragen und ein wechselseitiges 14-tägiges Umgangsrecht festgelegt. Darüber hinaus hat es den Sofortvollzug der Sorge- und Umgangsregelung angeordnet.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich...