Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung der Zwangsvollstreckung bei FRAND-Einwand im Patentverletzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 719 Abs. 1, 707 ZPO) aus einer Verurteilung zum Rückruf und zur Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen nach Erhebung des sog. FRAND-Lizenzeinwands.

2. Der Umstand, dass die Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung in einem sog. FRAND-Fall sich auch auf Angaben erstreckt, die der Schadensberechnung nach Maßgabe des Verletzergewinns dienen, rechtfertigt für sich genommen nicht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 04.03.2016; Aktenzeichen 7 O 24/14)

 

Tenor

1. Die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 4. a) (Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen) des Urteilsausspruchs im Urteil des LG Mannheim vom 04.03.2016 (Az. 7 O 24/14) wird gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 Euro bis zur Entscheidung des Senats über die Berufung der Beklagten einstweilen eingestellt.

2. Der weiter gehende Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Folgen einer Inanspruchnahme der Beklagten durch die Klägerin wegen behaupteter Patentverletzung.

Die Klägerin, ein japanischer Elektronik-Konzern, ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP O 734 181 B1 betreffend "Subtitle data encoding/decoding and recording medium for the same", das am 21.03.1996 angemeldet wurde. Das Patent beansprucht eine Priorität vom 23.3.1995. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 6.5.2004 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents (im Folgenden "Klagepatent") stand unter DE 696 28 487.1 bis zum Auslaufen des Klagepatents in Kraft. Der unabhängige Anspruch 5 des Klagepatents hat - in der Verfahrenssprache und in deutscher Übersetzung - folgenden Wortlaut:

Gegen das Klagepatent hat die XX GmbH am 22.07.2014 Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht erhoben. Die Nichtigkeitsklage beruft sich auf eine unzulässige Erweiterung und fehlende Neuheit des Anspruchs 5 des Klagepatents. Für den weiteren Inhalt der Nichtigkeitsklage wird auf Anlage... verwiesen.

Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des ZZ-Konzerns. Sie vertreibt im Inland Computer, Notebooks und so genannte Ultra-Books der taiwanesischen Muttergesellschaft ZZ Inc., darunter die Modelle... Die angegriffenen Geräte sind dazu ausgebildet, nach dem DVD-Standard codierte Videodateien zu decodieren und wiederzugeben. Die hierfür vorinstallierte Software stammt von der taiwanesischen Firma...

Der DVD-Standard (DVD Specifications for Read-Only Disc, Part 3, Video Specification, Version 1.1, Anlage K 4c) bietet die Möglichkeit, eine sog. Farbwischblende zu realisieren, mit der die farbliche Unterteilung eines Untertitels in zwei Bereiche und das Fortschreiten der Farbgrenze etwa mit einem zu sprechenden oder zu singenden Text erreicht werden kann. Die Klägerin sieht in der Realisierung eines verschiebbaren Farbumschlags im Untertitel nach dem DVD-Standard eine Benutzung der technischen Lehre des ihrer Ansicht nach rechtsbeständigen Klagepatents.

Die Klägerin hat mit der Lizenzierung ihrer Schutzrechte, die sie für essentiell für den DVD-Standard hält, darunter das Klagepatent, den Patent-Pool A beauftragt. Bei A handelt es sich um ein in... ansässiges Unternehmen, das neben den Patenten der Klägerin auch Schutzrechte dreier weiterer Elektronikunternehmen in deren Auftrag verwertet, wobei es etwaigen Interessenten auch freisteht, direkte Lizenzverträge mit den Pool-Mitgliedern für deren Schutzrechte abzuschließen.

Anfang 2013 trat A an die Konzernmutter der Beklagten heran und stellte das Lizenzprogramm vor. Es kam zu jedenfalls einem Gespräch und zwei schriftlichen Kontaktaufnahmen durch A, nicht aber zu konkreten Lizenzverhandlungen. Mit Klageerwiderung legte die Beklagte ein Lizenzvertragsangebot vom 30.05.2014 für einen Lizenzvertrag zwischen den Parteien vor. Gegenstand des Lizenzangebots ist eine auf Deutschland und das Klagepatent beschränkte Lizenz zugunsten der Beklagten. Sie erklärte, sie sei bereit, über einer Portfolio-Lizenz für die deutschen Patente der Klägerin zu verhandeln und im Fall der Nichteinigung die Lizenzgebühr durch ein Gericht oder Schiedsgericht festlegen zu lassen; das gelte auch für den Fall, dass die Klägerin das Lizenzangebot nicht annehmen werde. Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 25.07.2014. In diesem Schreiben schlug sie vor, das Beklagtenangebot dahingehend abzuändern, dass Lizenznehmer die Muttergesellschaft der Beklagten ist, dass Lizenzgegenstand eine Portfolio-Lizenz an allen A-Pool-Patenten der Klägerin ist und dass die Lizenz alle Länder umfasst, in denen eines der Lizenzpatente gewährt wurde. Für die Identifizierung der Portfoliopatente verwies die Klägerin auf die Internet-Seite der A. Hierauf ließ sich die Beklagte nicht ein, sondern teilte der Klägerin mit S...

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