Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsverbundurteil. Versorgungsausgleich. Volldynamische Versorgungsanrechte bei der VBL. Keine Umwertung nach der Barwertverordnung. Besitzstandsrente ohne Bildung einer Startgutschrift
Leitsatz (redaktionell)
Bei der VBL bestehende Versorgungsanrechte sind als im Leistungsstadium volldynamisch zu beurteilen, wozu die jährliche Erhöhung um 1 % reicht. Sie dürfen daher beim Versorgungsausgleich nicht nach der Barwertverordnung in eine dynamische Rentenanwartschaft umgewertet werden. Es ist vielmehr vom Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts die Hälfte auszugleichen.
Normenkette
VAHRG § 1 Abs. 3; BGB § 1587b Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Urteil vom 11.08.2005; Aktenzeichen 2 F 223/02) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wird das Urteil des AG - FamG - Bruchsal vom 11.8.2005 - 2 F 223/02 - in Ziff. 2 abgeändert:
Vom Konto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Nr. 64 200965 S 533) werden auf das Konto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Nr. 23 281164 H 097) Rentenanwartschaften von monatlich 61,42 EUR, bezogen auf den 31.5.2002, übertragen. Dieser Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Zu Lasten der für die Ehefrau bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Personal Nr. VL 145 LNR 1869 124) bestehenden Versorgungsanwartschaft werden auf dem Konto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Nr. 23 281164 H 097) Rentenanwartschaften von monatlich 15,09 EUR, bezogen auf den 31.5.2002, begründet. Dieser Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
2. Die Gerichtskosten der Beschwerde und die der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder entstandenen außergerichtlichen Kosten tragen die Parteien je zur Hälfte. Im Übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufgehoben.
3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die am 11.11.1994 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 24.6.2002 zugestellten Antrag hin durch Urteil des AG Bruchsal vom 11.8.2005 geschieden.
In der Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB) hat der Antragsteller Versorgungsanrechte bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, die Antragsgegnerin Versorgungsanrechte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworben. Bei Ehezeitende bezog die Antragsgegnerin aus diesen Versorgungen bereits eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auf die in erster Instanz erteilten Auskünfte der Versorgungsträger wird Bezug genommen.
Das AG hat im Scheidungs-Verbundurteil vom 11.8.2005 den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 61,42 EUR vom Konto der Antragsgegnerin auf das Konto des Antragstellers zu übertragen sind und zusätzlich zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der VBL eine Rentenanwartschaft von monatlich 9 EUR auf dem Konto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen zu begründen ist. Die Anwartschaft der Antragsgegnerin bei der VBL hat das AG hierfür nach Tabelle 7 der Barwertverordnung in eine dynamische Rentenanwartschaft umgewertet
Hiergegen hat die VBL Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, die von ihr der Antragsgegnerin gewährte Versorgung sei im Leistungsstadium volldynamisch, sodass eine Umwertung nach der Barwertverordnung nicht erfolgen dürfe.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin halten die Beschwerde für begründet.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO, 20 FGG zulässig. Die VBL kann als Versorgungsträger geltend machen, dass der mit einem Eingriff in bei ihr bestehende Versorgungspflichten verbundene Versorgungsausgleich nicht dem Gesetz entsprechend durchgeführt wurde. Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die bei der VBL bestehenden Versorgungsanrechte sind als im Leistungsstadium volldynamisch zu beurteilen (BGH FamRZ 2004, 1474). Dies gilt auch für die am 31.12.2001bereits laufenden, als Besitzstandsrenten fortzuführenden Versorgungen, denn die jährliche Erhöhung um ein Prozent (§§ 75, 76 der VBL-Satzung; vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1587a Rz. 82) reicht für die Einordnung als leistungsdynamisches Anrecht aus (BGH FamRZ 2004, 1474). Da die leistungsdynamische Versorgung bei Ehezeitende bereits bezogen wurde, ist sie mit dem Nominalbetrag zu berücksichtigen (Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., Anh. zu § 1587 a, § 5 BarwertVO Rz. 1).
Die durch die Rechtsprechung des 12. Zivilsenats des OLG Karlsruhe (Urt. v. 22.9.2005 - 12 U 99/04) aufgeworfenen Fragen zur Rechtswirksamkeit der Startgutschriften gem. §§ 78 ff. der VBL-Satzung werden im vorliegenden Verfahren nicht relevant, da es sich bei dem Anrecht der Antragsgegnerin um eine Besitzstandsrente gem. § 76 der VBL-Satzung handelt und somit eine Startgutschrift ni...