Leitsatz (amtlich)

1. Erfolgt die Verschmelzung zweier Kommanditgesellschaften in der Weise, dass das Kapital der aufnehmenden Gesellschaft durch Einbringung des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft erhöht wird, so widerspricht der Ansatz einer Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags durch einen badischen Amtsnotar der Gesellschaftssteuerrichtlinie, soweit sich durch die Anwendung der Bestimmung Gebühren errechnen, die in einem deutlichen Missverhältnis zu dem konkret erbrachten Aufwand stehen. Entsprechendes gilt für den Ansatz einer Gebühr nach § 47 S. 1 KostO für die Beurkundung der Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlungen der beteiligten Gesellschaften (Fortführung von OLG Karlsruhe v. 24.9.2002 – 14 Wx 133/00, OLGReport Karlsruhe 2002, 437 ff.; v. 5.12.2002 – 14 Wx 130/01, OLGReport Karlsruhe 2003, 80).

2. Zur Frage, ob der Ansatz einer Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO für die Beurkundung eines Verzichts auf Verschmelzungsberichte oder Verschmelzungsprüfungen der Gesellschaftssteuerrichtlinie widerspricht.

3. Zur Berücksichtigung der Gebührenanteile der badischen Amtsnotare nach §§ 10 ff. LJKG bei der Ermittlung des tatsächlichen Aufwands.

4. Ein Anspruch auf Rückerstattung von Notarkosten ist auch dann nicht zu verzinsen, wenn er vor dem In-Kraft-Treten von § 17 Abs. 4 KostO entstanden ist.

 

Normenkette

KostO §§ 36, 38 Abs. 2 Nr. 7, §§ 44, 47 S. 1, § 140 S. 1; UmwG §§ 6, 8-9, 13, 16, 41, 43-44; LJKG § 10 ff.

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Aktenzeichen 1 T 25/00)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluss des LG Baden-Baden v. 13.7.2000 – 1 T 25/00 – aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin werden unter Aufhebung des Beschlusses des AG Rastatt v. 21.2.2000 – 6 UR II 26/99 – die Kostenrechnungen des Notariats 3 Rastatt vom 4.9.1997 (3 UR 2149/96 und 3 UR 2264/96) und vom 8.11.1997 (3 UR 2263/96) im nachfolgend bezeichneten Umfang aufgehoben:

– Kostenrechnung 3 UR 2149/96, soweit darin für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags eine Gebühr von 20.680 DM erhoben wird

– Kostenrechnungen 3 UR 2263/96 und 3 UR 2264/96, jeweils soweit darin für die Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses eine Gebühr i.H.v. 10.000 DM und für die Beurkundung einer einseitigen Erklärung eine Gebühr i.H.v. 1.130 DM (3 UR 2263/96) bzw. von 1.160 DM (3 UR 2264/96) erhoben wird.

Die weiter gehende Beschwerde der Kostenschuldnerin wird zurückgewiesen.

3. Soweit die Kostenrechnungen aufgehoben werden, wird die Sache an das Notariat 3 Rastatt zur erneuten Entscheidung über die Kostenansätze zurückgegeben.

 

Gründe

I. Das Notariat Rastatt beurkundete am 19.12.1996

1. einen Verschmelzungsvertrag zwischen der X. GmbH & Co. mit Sitz in A. als aufnehmende Gesellschaft und der Z.-GmbH mit Sitz in K. und der Z.-GmbH & Co. Baubetriebe mit Sitz in K. als übertragende Gesellschaften (3 UR 2149/96)

2. den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Gesellschafter der Z.-GmbH & Co. Baubetriebe mit Sitz in K. (3 UR 2263/96)

3. den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Gesellschafter der X. GmbH & Co. mit Sitz in A. (3 UR 2264/96).

Zu den Urkunden ergingen an die X. GmbH & Co. (Kostenschuldnerin und Beschwerdeführerin) Kostenrechnungen wie folgt:

zur Urkunde 3 UR 2149/96 am 4.9.1997 über 24.390,24 DM,

zur Urkunde 3 UR 2263/96 am 8.11.1997 über 12.875,63 DM,

zur Urkunde 3 UR 2264/96 am 4.9.1997 über 12.910,13 DM.

Mit gleichlautenden Schreiben vom 23.11.1999 hat die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH vom 2.12.1997 (EuGH v. 2.12.1997 – Rs. C-188/95 – „Fantask”) und vom 29.9.1999 (EuGH v. 29.9.1999 – Rs. C-56/98 – „Modelo”, GmbHR 1999, 1205) Erinnerung gegen die Gebührenansätze in den genannten Kostenrechnungen erhoben. Das AG Rastatt hat die Erinnerungen mit Beschluss vom 21.2.2000 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen mit Schriftsatz vom 1.4.2000 eingelegte Beschwerde wurde vom LG Baden-Baden mit Beschluss vom 13.7.2000 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 10.10.2000 hat die Beschwerdeführerin die vom LG zugelassene weitere Beschwerde eingelegt. Nachdem auf Vorlage des AG Müllheim der EuGH mit Beschluss vom 21.3.2002 (EuGH v. 21.3.2002 – Rs. C-264/00 – „Gründerzentrum”, GmbHR 2002, 486 = ZIP 2002, 663) zu der Frage der Auswirkungen der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital i.d.F. der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10.6.1985 (im folgenden: Richtlinie) auf die Gebühren der badischen Amtsnotare Stellung genommen hat, hat der Senat eine gütliche Einigung zwischen dem Notariat Rastatt und der Beschwerdeführerin über die Höhe der tatsächlichen Kosten angeregt, die jedoch nicht zustande kam. Der Bezirksrevisor hat am 17.2.2003 abschließend Stellung genommen.

II. 1. Die weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das LG (§ 14 Abs. 3 S. 2 KostO) statthaft und auch i.Ü. zulässig.

2. Die von der Beschwerdeführerin beanstan...

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