Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens richtet sich nach dem Hauptsachewert. Maßgeblich sind die möglichen Hauptsacheansprüche, welche der Antragsteller zur Begründung seines Antrags auf Durchführung des Beweisverfahrens konkretisiert.

2. Theoretisch denkbare weiter gehende Ansprüche spielen für die Wertfestsetzung keine Rolle, wenn diese Ansprüche nicht Gegenstand der Antragsbegründung waren, sondern vom Antragsteller, bzw. von seinem Prozessbevollmächtigten, erst nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens zur Begründung eines bestimmten Streitwerts herangezogen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 485

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Beschluss vom 22.12.2015; Aktenzeichen D 4 OH 4/12)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Konstanz vom 22.12.2015 - D 4 OH 4/12 - (Streitwertfestsetzung) wird abgeändert. Der Streitwert für das Verfahren des LG Konstanz wird auf 22.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller war Eigentümer eines Pkw VW Käfer Cabrio. In einem Gutachten des TÜV wurde das Fahrzeug als "Oldtimer" bezeichnet. Im Jahr 2006 brachte der Antragsteller den PKW zum Antragsgegner Ziff. 1, der das Fahrzeug restaurieren sollte. Für die Restaurierungsarbeiten übergab der Antragsteller dem Antragsgegner Ziff. 1 in der Folgezeit insgesamt 5.000,00 EUR. Der Antragsgegner Ziff. 1 führte in den folgenden Jahren verschiedene Arbeiten am Fahrzeug des Antragstellers aus; eine vollständige Restauration erfolgte unstreitig nicht. Am 08.05.2007 erstellte der Antragsgegner Ziff. 1 eine Rechnung, in welcher er die bis dahin nach seiner Auffassung durchgeführten Arbeiten abrechnete.

Im Jahr 2012 verlangte der Antragsteller vom Antragsgegner Ziff. 1 die Herausgabe seines Fahrzeugs bzw. die Herausgabe der Fahrzeugteile, soweit der Pkw inzwischen zerlegt war. Eine Herausgabe erfolgte nicht. Zwischen den Parteien bestanden Meinungsverschiedenheiten über Qualität und Umfang der vom Antragsgegner Ziff. 1 teilweise durchgeführten Restaurierung. Außerdem waren sich die Parteien über die Abrechnung der Arbeiten nicht einig.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23.07.2012 beantragte der Antragsteller beim LG Konstanz die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens. Es sollte Beweis erhoben werden zu verschiedenen Fragen, insbesondere: Welche Arbeiten wurden vom Antragsgegner Ziff. 1 am PKW des Antragstellers ausgeführt? Inwieweit waren diese Arbeiten ordnungsgemäß und fachgerecht? Wie sind die Leistungen des Antragsgegners

Ziff. 1 abzurechnen? Welche Teile des Fahrzeugs sind beim Antragsgegner Ziff. 1 noch vorhanden?

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 24.09.2013 stellte der Antragsteller ergänzende Fragen. Im Rahmen der Beweiserhebung sollte nun auch geklärt werden, welchen Martkwert das Antragsteller-Fahrzeug gehabt hätte, wenn die Renovierung durch den Antragsgegner Ziff. 1 vollständig sowie sach- und fachgerecht durchgeführt worden wäre, wie dies zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 07.11.2014 erklärte der Antragsteller, er erstrecke das selbstständige Beweisverfahren im Wege der Parteierweiterung nunmehr auch auf die Antragsgegnerin Ziff. 2. Denn diese sei Mitinhaberin des Unternehmens, welches der Antragsteller mit der Restaurierung des Oldtimers beauftragt habe. Das Beweissicherungsverfahren wurde in der Folgezeit vom LG gegen beide Antragsgegner geführt.

Das LG hat eine Beweiserhebung zu den Fragen des Antragstellers angeordnet. Es sind zwei schriftliche Sachverständigengutachten eingeholt worden, die der Sachverständige in einem Termin vom 03.11.2015 mündlich erläutert hat.

Mit Beschluss vom 22.12.2015 hat das LG nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens den Streitwert auf 122.036,50 EUR festgesetzt. Im Antrag vom 23.07.2012 hatte der Antragsteller den Streitwert zwar - entsprechend dem Wert einer voraussichtlichen Hauptsacheklage - mit 12.000,00 EUR angegeben. Die höhere Wertfestsetzung im Beschluss vom 22.12.2015 entsprach jedoch den Angaben in einem Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 18.12.2015. Nach Einholung des schriftlichen Ergänzungsgutachtens vom 08.07.2013 stehe fest, dass das Fahrzeug des Antragstellers durch die Arbeiten des Antragsgegners Ziff. 1 irreparabel zerstört worden sei. Daher könne der Antragsteller für die Zeit, während sich der Pkw beim Antragsgegner Ziff. 1 befunden habe, Nutzungsausfall beanspruchen. Für die Zeit von 2007 bis 2014 ergebe sich ein Nutzungsausfall von 82.824,00 EUR, der - neben anderen Rechnungsposten - beim Streitwert mit zu berücksichtigen sei.

Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziff. 2. Sie ist der Auffassung, ein Anspruch auf Nutzungsausfall stehe dem Antragsteller unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu. Daher könne Nutzungsausfall für den Wert des selbstständigen Beweisverfahrens auch keine Rolle spielen.

Der Antragsteller ist - vertreten durch...

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