Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ausgleich bei gleichartigen Anrechten beider Eheleute unter Berücksichtigung der Bagatellgrenze
Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn bei beiderseitigen Anrechten gleicher Art mangels geringer Differenz der Ausgleichswerte vom Versorgungsausgleich nicht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG abgesehen werden kann, ist zu prüfen, ob sich diese Rechtsfolge aus § 18 Abs. 2 VersAusglG ergibt.
2. Die Ausübung des Ermessens im Rahmen von § 18 Abs. 2 VersAusglG führt in der Regel zum Ausgleich auch eines Anrechts mit geringem Ausgleichswert, wenn beide Eheleute gleichartige Anrechte in demselben Versorgungssystem erworben haben.
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Konstanz (Beschluss vom 15.06.2010; Aktenzeichen 5 F 6/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Konstanz vom 15.6.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte Ziff. 1.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.075,80 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Regelung des Versorgungsausgleichs.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 23.3.1990 die Ehe geschlossen. Auf den Scheidungsantrag des Antragstellers, der der Antragsgegnerin am 23.1.2010 zugestellt wurde, hat das AG - Familiengericht - Konstanz im Verbund durch Beschluss vom 15.6.2010 die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem jedes Anrecht der beteiligten Eheleute, namentlich die Anrechte des Antragstellers bei der DRB sowie bei der G AG sowie die Anrechte der Antragsgegnerin bei der DRBW und bei der G AG, im Wege der internen Teilung ausgeglichen wurde. Auf die Entscheidung des Familiengerichts wird verwiesen.
Die G AG- Beteiligte Ziff. 1 - hat gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der G AG zu unterbleiben habe, da für dieses Anrecht der Geringfügigkeitsgrenzwert nicht überschritten werde. Die Umsetzung des Beschlusses stelle für die Beteiligte Ziff. 1 einen unverhältnismäßig hohen Aufwand dar. Besondere Umstände für einen Ausgleich des geringfügigen Anrechts seien nicht ersichtlich.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 zurückzuweisen und trägt vor, dass beide Eheleute Anrechte bei der G AG haben, die Differenz der Ausgleichswerte jedoch die Geringfügigkeitsgrenze übersteige. Der Ausgleich müsse somit durchgeführt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sachen keinen Erfolg.
Das Anrecht der Antragsgegnerin aus der privaten Altersversorgung bei der G AG ist nach § 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragstellers auszugleichen.
Eine Ausnahme nach § 18 VersAusglG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Nach § 18 VersAusglG soll das Familiengericht bei Bagatellwerten vom Ausgleich der Anrechte absehen, wenn gem. Abs. 1 die Differenz der Ausgleichswerte beiderseitiger Anrechte gleicher Art oder gem. Abs. 2 der Ausgleichswert eines Anrechts gering ist. Dabei ist vorrangig ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 18 Abs. 1 VersAusglG vor § 18 Abs. 2 VersAusglG zu prüfen (OLG München FamRZ 2010, 1664; Ruland, VersAusglG, 2. Aufl. 2009, Rz. 484; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl. 2011, § 18 VersAusglG Rz. 4; Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 18 VersAusglG Rz. 14). Erst wenn ein Absehen vom Ausgleich wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ausscheidet, kommt eine Prüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG in Betracht.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben gleichartige Anrechte bei der G AG erworben. Die korrespondierenden Kapitalwerte sind ohne weiteres miteinander vergleichbar. Der Kapitalwert des in der Ehezeit erworbenen Anrechts des Antragstellers bei der G AG beträgt 10.574 EUR gemäß der Auskunft vom 28.4.2010, der Kapitalwert des Anrechts der Antragsgegnerin bei der G AG beträgt gemäß deren Auskunft vom 3.5.2010 2.806,50 EUR.
Die Ausgleichswerte - gem. § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG die Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils - errechnen sich - unter Berücksichtigung der Kosten für die Teilung - für den Antragsteller mit 5.128,39 EUR und für die Antragsgegnerin mit 1.361,15 EUR; die Differenz beträgt 3.767,24 EUR. Sie liegt damit über dem Grenzwert von 3.024 EUR nach § 18 Abs. 1, Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 18 Abs. 1 SGB IV (120 % der Bezugsgröße für das Jahr 2009: 2.520 EUR). Es ist somit keine geringe Differenz der Ausgleichswerte gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG gegeben.
Ein Absehen vom Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der G AG ist nicht nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen. In Hinblick darauf, dass der Ausgleichswert des Anrechts i.H.v. 1.361,15 EUR unter dem Grenzwert i.H.v. 3.024 E...