Entscheidungsstichwort (Thema)
Unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallende Beurkundungen durch badische Amtsnotare: Berücksichtigungsfähigkeit von Notaranteilen beim Gebührenansatz; Vorläufigkeitsvermerk
Leitsatz (amtlich)
1. Auch bei den nach Aufwendung zu berechnenden Abgaben für unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallende Beurkundungen durch badische Amtsnotare handelt es sich um gebühren, von denen den Notaren nach § 10 LJKG BW ein Anteil zusteht.
2. Der beim Gebührenansatz zu berücksichtigende Gebührenanteil des beurkundenden Notars ist auf der Grundlage einer Europarechtskonform ermittelten Gebühr zu berechnen (Bestätigung OLG Karlsruhe v. 17.2.2004 - 14 Wx 32/03, GmbHR 2004, 670).
3. Solange der Gesetzgeber noch keine richtlinienkonforme Gebührenordnung geschaffen hat, ist der Gebührenansatz für unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallende Beurkundungen durch badische Amtsnotare mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 23.07.2003; Aktenzeichen 4 T 155/03) |
AG Ettenheim (Beschluss vom 16.04.2003; Aktenzeichen UR II 1/03) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des LG Freiburg vom 23.7.2003 - 4 T 155/03 - aufgehoben.
2. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG Ettenheim vom 16.4.2003 - UR II 1/03 - insoweit aufgehoben, als bei der durch ihn erfolgten Abänderung der Kostenrechnung des Notariats E. vom 29.5.2002 - UR 737/2002 - der auf Basis des Gesamtaufwandes des Notariats zu ermittelnde Gebührenanteil des Notars außer Ansatz geblieben ist.
3. Der Kostenansatz des Notariats E. vom 29.5.2002 - UR 737/2002 - in seiner abgeänderten Form wird in Hinblick auf den Beschluss des EuGH vom 21.2.2002 - C 264/00 - als vorläufig bezeichnet; Endabrechnung hat nach endgültiger Ermittlung des bei der Eintragung zu berücksichtigenden Aufwandes zu erfolgen.
4. Soweit der Kostenansatz aufgehoben wurde, wird die Sache an das Notariat E. - Kostenbeamter - zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung des auf Basis des Gesamtaufwands des Notariats zu berechnenden Gebührenanteils des Notars zurückgegeben.
5. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.1. Am 23.4.2002 haben die Volksbank L. e.G. mit Sitz in L. (übernehmender Rechtsträger) und die Volksbank U. e.G. mit Sitz in E. (übertragender Rechtsträger) einen Vertrag über ihre Verschmelzung geschlossen. Der Notar beim Notariat E. hat in der Urkunde 737/2002 den in der am 28.5.2002 in R. durchgeführten Vertreterversammlung der Volksbank U. e.G. gefassten Verschmelzungsbeschluss beurkundet.
2. Die der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin übermittelte Kostenrechnung der Landesoberkasse Baden-Württemberg vom 18.6.2002 (Kassenzeichen ...) weist folgende in der Kostenrechnung der Kostenbeamtin des Notariats E. vom 29.5.2002 angesetzte Gebühren und Auslagen nebst Umsatzsteuer aus:
Beurkundung des Beschlusses der Vertreterversammlung (§ 47 KostO) 5.000,00 Euro
Geschäfte außerhalb der Amtsstelle (§ 58 Abs. 1 KostO) 30,00 Euro
Geschäfte außerhalb der Dienstzeit (§ 58 Abs. 3 KostO) 30,00 Euro
Dokumentenpauschale (§ 136 Abs. 1, Abs. 2 KostO) 5,00 Euro
16 % Umsatzsteuer aus 5.065 Euro (§ 151a KostO) 810,40 Euro
5.875,40 Euro
Die Kostenschuldnerin hat diesen Betrag bezahlt.
Das Land Baden-Württemberg hat an den Notar für die Beurkundung einen Gebührenanteil von 1.005,20 Euro ausbezahlt.
3. Gegen die Kostenrechnung hat die Rechtsnachfolgerin der Kostenschuldnerin mit Schreiben vom 17.10.2002 Erinnerung eingelegt. Unter Hinweis auf den Beschluss des EuGH vom 21.3.2002 - Rs. C-264/00, GmbHR 2002, 486 - "Gründerzentrum" - hat sie zur Begründung ausgeführt, die Kostenrechnung verstoße gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, da die angesetzten Gebühren den Aufwand für die erbrachten Dienstleistungen überstiegen.
Das Notariat hat daraufhin den tatsächlichen Zeitaufwand ermittelt und unter dem 11.2.2003 die dem Land aufgrund der Protokollierung des Verschmelzungsbeschlusses entstandenen Kosten unter Zugrundelegung der im Erlass des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 22.5.2002 - 565/0227 - aufgeführten Pauschsätze je Arbeitsstunde - ohne den von der Staatskasse an den Notar gezahlten Gebührenanteil i.H.v. 1.005,20 Euro - wie folgt errechnet:
a) Schreibauslagen: 3 × 5 Seiten = 15 Seiten = 7,50 Euro
b) Reisekosten: keine, da vom Notar nicht geltend gemacht
c) tatsächlicher Zeitaufwand:
Notar: 5 Stunden = 5 Stunden zu je 75 Euro = 375,00 Euro
Geschäftsstelle: 1,5 Stunden = 1,5 Stunden zu je 32 Euro = 48,00 Euro
Kanzlei: 1,5 Stunden = 1,5 Stunden zu je 32 Euro = 48,00 Euro
Summe 478,50 Euro
Die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse hat im Erinnerungsverfahren die Auffassung vertreten, die Erinnerung könne nur dazu führen, dass der Kostenansatz mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen werde; bei der Ermittlung des dem Land entstandenen Aufwandes sei jedenfalls der - wohl auf der Grundlage der berich...