Leitsatz (amtlich)

1. Als Grundlage für die Beurkundung des Namens der Mutter im Geburtenregister können ein von einem Drittstaat ausgestellter Personalausweis und eine Geburtsurkunde ausreichen.

2. Ein Reiseausweis für Flüchtlinge, der mit dem Zusatz versehen ist, dass die darin enthaltenen Daten auf eigenen Angaben des Inhabers beruhen, ermöglicht keine Beurkundung in einem Personenstandsregister ohne einschränkenden Zusatz.

 

Normenkette

PStG §§ 48, 51 Abs. 1 S. 2; PStV § 8 Abs. 2; Genfer Flüchtlingskonvention Art. 25, 28

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 29.04.2016; Aktenzeichen UR III 21/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des AG Baden-Baden vom 29.4.2016 - UR III 21/15 - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass Ziffer 1c) wie folgt neu gefasst wird: Als Vater des am 9.8.2015 geborenen Kindes A. G. ist Herr H. H. mit dem Zusatz "Identität nicht nachgewiesen" einzutragen.

2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Dem Standesamt werden die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 3 auferlegt.

3. Der Geschäftswert der Beschwerdeinstanz wird auf EUR 5.000 festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das Standesamt der Stadt B. wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen Anweisungen des AG zum Geburtenregistereintrag für den Beteiligten zu 1. Es hat die Geburt vom 9.8.2015 am 26.8.2015 in der Weise beurkundet, dass es dem Geburtsnamen des Kindes den Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" und dem Familiennamen der Mutter - der Beteiligten zu 2 - die Ergänzung "Identität nicht nachgewiesen" beigefügt hat. Von einer Eintragung des Beteiligten zu 3 als Vater des Kindes hat es abgesehen. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben die Aufnahme des Vaters in das Geburtenregister und die Streichung der Zusätze beantragt. Das Standesamt ist dem Antrag im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde entgegengetreten und hat ihn dem AG zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben am 11.11.2014 vor der Gemeindebehörde Tønder/Dänemark die Ehe geschlossen; ihr Sohn - der Beteiligte zu 1 - wurde am 9.8.2015 geboren. Im Rahmen des Beurkundungsverfahrens hat die Beteiligte zu 2 ihre in Armenien ausgestellte Geburtsurkunde eingereicht; dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge liegt ihr armenischer Personalausweis vor. Ein Reisepass ist nicht vorgelegt worden; die Beteiligte zu 2 hat angegeben, dieser sei ihr bei einer Reise nach Armenien abgenommen worden, wohin sie nach ihrer Eheschließung in Dänemark nochmals gereist sei.

Der Beteiligte zu 3 ist durch Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.10.2012 als Flüchtling gemäß der Genfer Konvention anerkannt worden; er ist Inhaber eines Reiseausweises für Flüchtlinge, dem der Hinweis beigefügt ist, die Personendaten beruhten auf seinen eigenen Angaben. Er hat angegeben, eine Geburtsurkunde nicht vorlegen zu können, weil die Heimatbehörden angesichts der aserbaidschanischen Staatsangehörigkeit seiner Mutter jede Zusammenarbeit verweigerten.

Das AG hat das Standesamt angewiesen, die Hinweise auf den fehlenden Nachweis der Namensführung des Beteiligten zu 1 und der Identität der Beteiligten zu 2 zu streichen und den Beteiligten zu 3 als Vater einzutragen. Die Identität der Beteiligten zu 2 sei durch die Kopie des Personalausweises nachgewiesen. Unter Berücksichtigung auch der Geburtsurkunde könnten sich Zweifel an der Identität nicht ergeben. Der Beteiligte zu 3 sei - nachdem eine Eheschließung mit der Beteiligten zu 2 vor der Geburt des Kindes nicht in Zweifel gezogen worden sei - gemäß § 1592 Absatz 1 BGB als Vater des Kindes einzutragen. Ein Hinweis auf den fehlenden Identitätsnachweis könne angesichts des ohne einschränkende Vermerke ausgestellten Flüchtlingsausweises nicht angebracht werden.

Gegen die am 6.5.2016 zugestellte Entscheidung des AG richtet sich die am 6.6.2016 eingegangene Beschwerde des Standesamts. Die Kindsmutter, die Beteiligte zu 2, habe weder eine Identitätskarte noch einen Reisepass vorgelegt. Ob sich ein entsprechendes Dokument bei den Unterlagen anderer Behörden befinde, sei ungeklärt. Die Identität des Kindsvaters sei durch den Reiseausweis für Flüchtlinge, der auf seinen eigenen Angaben beruhe, nicht nachgewiesen. Es sei unverständlich, weshalb die Eltern keine Reisepässe vorlegen könnten, obwohl diese normalerweise bei einer Eheschließung in Dänemark verlangt würden.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens ist vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine beglaubigte Ablichtung des dort vorliegenden Personalausweises der Beteiligten zu 2 übersandt worden. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 bis 3 hat eine E-Mail des Standesamts Tønder/Dänemark vorgelegt, nach dem bei der dortigen Eheschließung "der armenische Reisepass mit Schengener Visum" der Beteiligten zu 2 vorgelegt worden sei.

Die...

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