Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 28.05.2004; Aktenzeichen 11 O 38/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.08.2009; Aktenzeichen XII ZB 12/05)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Schuldners wird der klauselerteilende Beschluss des Vorsitzenden Richters der 11. Zivilkammer des LG Karlsruhe vom 28.5.2004 - 11 O 38/04 - teilweise abgeändert.

2. Der Antrag auf Anordnung der Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel wird insoweit zurückgewiesen, als die Klauselerteilung für den Pauschalbetrag über 213.055 Pfund Sterling beantragt ist (Zif. 1b des Beschlusses des LG vom 28.5.2004).

3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

4. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu ¼ der Schuldner zu ¾.

5. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 417.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin erstrebt die Anordnung, an die Entscheidung des High Court of Justice, Principal Registry of the Familiy Division, vom 16.2.2004 (AZ: FD02FOO454) die deutsche Vollstreckungsklausel anzubringen. Diese Entscheidung regelt die Folgen der Ehescheidung zwischen der Gläubigerin und dem Schuldner und verurteilt den Schuldner u.a. zu folgenden Leistungen: Übertragung der Rechte aus einer Lebensversicherung; Zahlung eines Pauschalbetrags von 213.055 Pfund Sterling bei Rückübertragung von Kontenanteilen der Gläubigerin an den Schuldner; Zahlung von 24.600 Pfund Sterling jährlichen Unterhalt an die Gläubigerin; Zahlung von je 3.000 Pfund Sterling jährlichen Unterhalt für drei Kinder zu Händen der Gläubigerin; Zahlung eines Abschlags für Kosten des Unterhaltsverfahrens i.H.v. 40.000 Pfund Sterling. Der Vorsitzende Richter der 11. Zivilkammer des LG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 28.5.2004 (S. 23 ff. d.A.) die Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel angeordnet Gegen diesen Beschluss, der dem Schuldner am 12.6.2004 zugestellt worden ist (S. 37 d.A.), hat der Schuldner am 8.7.2004 Beschwerde eingelegt (S. 59 ff. d.A.).

Der Schuldner trägt u.a. vor (S. 75 ff., 233 ff., 430 ff. d.A.) er habe zumindest teilweise erfüllt. Die englische Entscheidung verstoße wegen der Höhe der Unterhaltsleistungen gegen den deutschen ordre public, vor allem nachdem der Schuldner nach längerer Arbeitslosigkeit nunmehr für ein sehr niedriges Gehalt arbeiten müsse. Soweit die englische Entscheidung eine Güterauseinandersetzung beinhalte, sei das gewählte Verfahren der Klauselerteilung rechtlich nicht zulässig.

Der Schuldner beantragt, den Beschluss des LG Karlsruhe vom 28.5.2004 - 11 O 38/04 und den Beschluss über die Erteilung der Vollstreckungsklausel vom 3.6.2004 aufzuheben, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen und der Gläubigerin die Kosten aufzuerlegen.

Die Gläubigerin beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Gläubigerin trägt u.a. vor (S. 135 ff., 209, 391 ff.), der Schuldner habe nicht erfüllt und korrekte Belege über Zahlungen auf die titulierten Forderungen nicht vorgelegt. Die Entscheidung des High Court sei angesichts der Vermögensverhältnisse des Schuldners angemessen und keineswegs ordre pub-lic-widrig. Auch die Güterverteilung des englischen Urteils diene Unterhaltszwecken und könne im Verfahren der Klauselerteilung vollstreckungsfähig erklärt werden. Insoweit regt die Gläubigerin Vorlage an den EuGH oder doch Zulassung der Rechtsbeschwerde an, falls der Senat anderer Ansicht sein sollte.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen den Schuldner beim AG Ettlingen Anklage wegen Verletzung der Unterhaltspflicht erhoben (AZ 120 Js 12115/04).

II. Die zulässige Beschwerde (§ 11 AVAG) ist teilweise begründet. Der Vorsitzende Richter am LG hat insoweit zu Recht die Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel angeordnet (Art. 438 EuGWO; Art. 4 Haager Unterhaltsübereinkommen 1973; §§ 1,8 AVAG), als die Entscheidung des High Court über Unterhaltsansprüche entscheidet oder doch im Zweifel als Entscheidung über Unterhaltsansprüche auszulegen ist. Nur soweit die Entscheidung des High Court eindeutig ehelichen Güterrechtsstreitigkeiten gilt, nämlich 213.055 Pfund Sterling Ausgleichszahlungen anordnet, ist die Beschwerde begründet, weil für güterrechtliche Entscheidungen weder das Klauselerteilungsverfahren der EuGWO bzw. der EheVO noch das Klauselerteilungsverfahren des Haager Unterhaltsübereinkommens 1973 anwendbar ist (Art. 1 Abs. 2a EuGWO; Art. 1 EheVO und hierzu Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, Art. 1 EheVO Rz. 3; Art. 1 Haager Unterhaltsübereinkommen 1973; § 1 AVAG), vielmehr eine Klage auf Vollstreckbarerklärung erhoben werden müsste (§§ 722, 723, 328 ZPO; wiederum Hüsstege in Thomas/Putzo, Art. 1 EheVO Rz. 3).

1. Soweit die Entscheidung des High Court laufende Unterhaltszahlungen über jährlich 24.600 Pfund Sterling für die Gläubigerin und je 3.000 Pfund Sterling für die drei Kinder anordnet, unterfällt sie ohne Zweifel der EuGWO und dem Haager Unterhaltsübereinkommen 1973. Dies gilt auch für die Anordnung des Kostenersatzes für das Verfahren über Unterhalt i.H.v. ...

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