Entscheidungsstichwort (Thema)

Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeit: Verfahrenshindernis nach Rücknahme einer Verfallsanordnung und Erlass einer neuen Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nimmt die Verwaltungsbehörde ihre Verfallsanordnung zurück, lässt dies die verjährungsunterbrechende Wirkung des Erlasses unberührt. Lag für die Rücknahme ein sachlicher Grund vor, bewirkt der Erlass einer neuen Verfallsanordnung wiederum eine Verjährungsunterbrechung.

2. Eine Entscheidung im Sinne des § 133 Abs. 6 Satz 2 OWiG in der Fassung vom 13.04.2017 stellt nicht nur eine gerichtliche, sondern auch eine von der Verwaltungsbehörde getroffene Entscheidung dar.

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Entscheidung vom 27.07.2017)

 

Tenor

  1. Die Rechtsbeschwerde des Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 27. Juli 2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Liste der angewendeten Vorschriften wie folgt gefasst wird:

    §§ 18 Abs. 1 Satz 2, 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO, 24 StVG, 29a Abs. 2 und Abs. 4 OWiG i.d.F. des Gesetzes vom 15.07.1992

  2. Der Verfallsbeteiligte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
 

Gründe

I.

Am 14.07.2016 erließ das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, gegen S, Inhaber eines in P ansässigen Transportunternehmens, als Verfallsbeteiligten eine Verfallsanordnung in Höhe von 4.805,64 Euro. Dem lag der Vorwurf zugrunde, ein Fahrer des Verfallsbeteiligten habe mit einem auf den Verfallsbeteiligten zugelassenen Lkw mit Spezialaufbau und Anhänger am 18.05.2016 acht Neufahrzeuge SUV der Marke S von K (Tschechische Republik) nach M (Spanien) transportiert und dabei auf der Bundesautobahn 6 bei Kilometer 591,00 (Gemarkung St. Leon-Rot) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVO zulässige Gesamthöhe von Fahrzeug und Ladung von 4 m überschritten (festgestellte Höhe des Fahrzeugs mit Ladung: 4,31 m). Die Höhe des Verfallsbetrages beruhte auf einer Schätzung; dabei legte die Bußgeldbehörde aufgrund von Erfahrungswerten für den Transport eines neuen Fahrzeuges bei einer Lastentfernung von 1.907 km (= Fahrstrecke laut Routenplaner) einen Wert von je 350,- Euro zugrunde und berücksichtigte einen Kostenstrukturfaktor von 0,9 (wegen des im Vergleich zu inländischen Firmen niedrigeren Preisniveaus in der Tschechischen Republik).

Gegen die ihm am 27.07.2017 zugestellte Verfallsanordnung legte der Verfallsbeteiligte am 28.07.2016 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin Einspruch ein und begründete diesen mit Schriftsatz vom 19.09.2016.

Im Hinblick auf den durch Vorlage des Transportauftrags vom 13.05.2016 untermauerten Vortrag des Verfallsbeteiligten, dass er für den Transport lediglich einen Frachtlohn in Höhe von 1.800,- Euro erhalten habe, hat das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, am 22.09.2016 den Verfallsbescheid vom 14.07.2016 zurückgenommen und nunmehr wegen der oben genannten Transportfahrt vom 18.05.2016 eine Verfallsanordnung in Höhe von 1.800,- Euro erlassen. Der Bescheid vom 22.09.2016 wurde dem Verfallsbeteiligten am 06.10.2017 zugestellt.

Auf den durch die Verteidigerin am 06.10.2017 per Telefax eingelegten Einspruch hin hat das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, mit Verfügung vom 25.10.2016 den Verfallsbescheid vom 22.09.2016 aufrechterhalten und die Sache über die Staatsanwaltschaft Heidelberg dem Amtsgericht Heidelberg zur Entscheidung vorgelegt, wo die Akten am 08.11.2016 eingegangen sind. Der zunächst mit Verfügung vom 25.11.2016 bestimmte Termin zur Hauptverhandlung am 24.02.2017 wurde wegen Verhinderung der Verteidigerin mit Verfügung vom 20.02.2017 verlegt auf den 21.04.2017.

Nach teilweiser Durchführung der Beweisaufnahme im Termin vom 21.04.2017 wurde das Verfahren im Hinblick auf die durch das OLG Oldenburg (Vorlagebeschluss vom 09.06.2017 - 2 Ss (OWi) 110/17 - juris) dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 OWiG vorgelegt Frage, ob bei einem unter Verstoß gegen deutsche Straßenverkehrsvorschriften durchgeführten internationalen Transport der Verfall in Höhe des gesamten Transportlohns angeordnet werden kann, ausgesetzt; die zu dieser Frage bereits am 10.04.2017 ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (4 StR 299/16 - juris) war noch nicht veröffentlicht.

Mit Verfügung vom 03.05.2017 hat das Amtsgericht Heidelberg einen neuen Termin zur Hauptverhandlung auf den 27.07.2017 bestimmt. Seinen Einspruch hat der Verfallsbeteiligte auch nach Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.04.2017 (4 StR 299/16) aufrechterhalten. Mit Urteil vom 27.07.2017 hat das Amtsgericht Heidelberg - gestützt auf § 29a OWiG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1992 - gegen den Verfallsbeteiligten den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 1.800,- Euro angeordnet.

Gegen diese Entscheidung hat der Verfallsbeteiligte am 01.08.2017 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin per Telefax Rechtsbeschwerde eingelegt. Nachdem das schriftliche Urteil der Verteidigerin am 18.08.2017 zugestellt worden war, hat diese die Rechtsbeschwerde mit Schriftsatz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge