Leitsatz (amtlich)
1. Dem Darlehensnehmer kann es aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände nach den Grundsätzen des § 242 BGB (hier: Rechtsmissbrauch) verwehrt sein, sich auf das Fehlen des Musterschutzes nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB zu berufen, wenn dieser allein daran scheitert, dass die Bank über eine Restschuldversicherung, die in Variante A und B angeboten wird, unter Nennung beider Varianten ("A/B") als verbundenes Geschäft belehrt, insbesondere wenn der Darlehensnehmer eine der beiden zusammen mit dem Darlehensvertrag angebotenen Versicherungen abgeschlossen hat.
2. Eine Klausel in den allgemeinen Darlehensbedingungen, durch die sich die Bank vorbehält, nach Vertragsschluss unter bestimmten Bedingungen zusätzliche Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen zu bestimmen, führt - unabhängig von ihrer etwaigen Unwirksamkeit - nicht dazu, dass die Pflichtangabe zu den Auszahlungsbedingungen nicht ordnungsgemäß erteilt wurde.
Tenor
Die Berufung wurde durch Beschluss vom 23.03.2021 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, nachdem keine Stellungnahme zum Hinweisbeschluss eingegangen war.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 17. August 2020 - 2 O 25/20 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Wirksamkeit und Rechtsfolgen eines Widerrufs der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.
Der Kläger erwarb im Dezember 2016 von der A. B. GmbH in ... M. einen gebrauchten V. P. zum Kaufpreis von 14.985 EUR (Anlage K2). Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 9.800 EUR. Zur Finanzierung des Restkaufpreises schloss er unter dem 8. Dezember 2016 über das vermittelnde Autohaus einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über eine Nettodarlehenssumme von 5.711,26 EUR (Anlage K1). Er entschied sich zudem, sich durch die Beklagte zum "KSB für AU und Tod" (Kreditschutzbrief KSB) anmelden zu lassen; die Prämie in Höhe von 246,27 EUR ist in der Nettodarlehenssumme enthalten. Der Kläger erhielt nach Unterzeichnung des für die Beklagte bestimmten Exemplars des Darlehensantrags (Anlage B4) die "für den Kunden" bestimmte Ausfertigung des Darlehensvertrags (eingereicht als Anlage K1). Das Autohaus überreichte dem Kläger zusammen mit den Vertragsunterlagen ein Exemplar des ausgefüllten Formulars "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite". Wegen des Inhalts und der Gestaltung der Vertragsunterlagen wird auf die Anlagen K1/B4, wegen des Formulars "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" auf Anlage B5 Bezug genommen.
Der Kläger bediente das Darlehen vertragsgemäß und zahlte bis zur Erklärung des Widerrufs an die Beklagte 2.958 EUR.
Mit Schreiben vom 8. November 2019 (Anlage K3) widerrief der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung, forderte die Beklagte zur Rückabwicklung auf und bot Rückgabe des Fahrzeugs an. Er wiederholte seine Aufforderung zur Rückabwicklung mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2019 (Anlage K4).
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die - mit dem Hauptantrag auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag ab Zugang des Widerrufs keine vertraglichen Ansprüche mehr zustehen, gerichtete - Klage abgewiesen und hat deshalb über die hilfsweise für den Fall, dass der negative Feststellungsantrag Erfolg hat, gestellten Hilfsanträge Ziffern 2 bis 4 auf Rückabwicklung, Feststellung des Annahmeverzugs und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie über die Hilfswiderklage, mit welcher die Beklagte Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers für den Wertverlust des Fahrzeugs begehrte, nicht entschieden.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Verstoß gegen § 356b Abs. 1 BGB liege nicht vor. Wegen der Widerrufsinformation könne sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, daher führe auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zur "Kaskadenverweisung" nicht dazu, dass die Widerrufsinformation nicht als klar und verständlich einzustufen sei. Eine richtlinienkonforme Auslegung, die die Formulierung des gesetzlichen Musters als nicht genügend ansähe, würde eine unzulässige Auslegung contra legem darstellen. Die Beklagte habe die Gestaltungshinweise zu den "verbundenen Verträgen" zudem zutreffend auch auf die Anmeldung zum Kreditschutzbrief KSB umgesetzt. Die Hinweise zu den Widerrufsfolgen, insbesondere zur Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers sowie die Verwendung der Klausel Nr. 6a der Darlehensbedingungen zur Wertersatzpflicht seien nicht zu beanstanden. Auch alle Pflichtangaben seien vollständig und ordnungsgemäß erteilt worden. Die Inhalte des Formulars "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite...