Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Übertragung des Miteigentumsanteils an der früheren Ehewohnung von einem auf den anderen Ehegatten sind für beide Parteien zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs die aus einem fiktiven Veräußerungserlös erzielbaren Zinseinkünfte anzusetzen.
2. Um die überobligationsmäßige Erwerbstätigkeit der Unterhaltsberechtigten hinreichend zu privilegieren ist unter Berücksichtigung des Alters der ehegemeinsamen Kinder das erzielte Einkommen nur mit 1/3 anzurechnen.
3. Das aus überobligationsmäßiger Tätigkeit herrührende Arbeitslosengeld ist teilweise bedarfsdeckend anzurechnen.
4. Die Bedürftigkeit der Unterhaltsberechtigten vermindert sich nicht aufgrund der durch das Zusammenleben mit einem neuen Lebenspartner ersparten Lebenshaltungskosten.
Verfahrensgang
AG Baden-Baden (Beschluss vom 16.08.2002; Aktenzeichen 2 F 354/02 (UE) |
Tenor
Die eingelegte Berufung wurde zurückgenommen.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG – FamG – Baden-Baden vom 16.8.2002 (2 F 465/01) wird einstweilen gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.000 Euro insoweit eingestellt, als der Kläger zur Zahlung eines Elementarunterhaltes von mehr als 645 Euro monatlich und zur Zahlung eines Altersvorsorgeunterhaltes von mehr als 146 Euro monatlich verpflichtet wurde. Der weiter gehende Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG Baden-Baden vom 16.8.2002 (AG Baden-Baden, Beschl. v. 16.8.2002 – 2 UF 465/01) mit dem er im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, an die Beklagte ab 17.4.2002 einen monatlich Vorsorgeunterhalt i.H.v. 158 Euro sowie einen monatlichen Elementarunterhalt in Höhe 686 Euro zu zahlen.
Die Parteien, die am 12.7.1992 die Ehe miteinander geschlossen haben, leben seit dem Jahre 2001 getrennt. Durch Urteil des AG Baden-Baden vom 11.12.2002, rechtkräftig seit 24.1.2003, wurde die Ehe der Parteien geschieden. Die Parteien haben zwei gemeinsame Töchter, L.-M., geb. am 12.3.1994, und C.-S., geb. am 12.3.1996, die seit der Trennung der Eheleute bei der Beklagten leben und von dieser betreut werden.
Der Kläger erzielte im Jahre 2002 nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen und der Beiträge zur Krankenversicherung ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.327 Euro. Der Unterhalt für die beiden ehegemeinsamen Kinder ist mit jeweils 135 % des Regelbetrages tituliert.
Die Beklagte, die auch schon während des Zusammenlebens der Ehegatten erwerbstätig war, ging bis 31.5.2003 einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit nach (vier Vormittage die Woche). Hieraus erzielte sie ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 337,00 Euro. Das bisherige Arbeitsverhältnis der Beklagten wurde wegen Geschäftsaufgabe gekündigt. Seit 1.6.2003 bezieht die Beklagte Arbeitslosengeld i.H.v. monatlich 229,93 Euro. Daneben geht sie seit 1.8.2003 einer Aushilfsbeschäftigung nach. Für den Monat August 2003 hat sie Einkünfte i.H.v. 101,50 Euro erwirtschaftet.
Die Parteien waren Miteigentümer zu je 1/2 der vormaligen Ehewohnung im Anwesen … . Auf die zur Finanzierung des Ehewohnung aufgenommenen Kredite hatten die Parteien während ihres Zusammenlebens monatlich insgesamt 1.303,50 Euro zu zahlen. Durch notariellen Vertrag vom 28.12.2001 hat die Beklagte ihr hälftiges Miteigentum auf den Kläger gegen eine Ausgleichszahlung i.H.v. 79.030,38 Euro übertragen. Die ehemalige Ehewohnung wird seither von dem Kläger gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin genutzt.
Die Beklagte hat mit einem Teil des erhaltenen Geldes den Sollstand ihres Girokontos ausgeglichen (4.057,37 Euro). Den restlichen Betrag hat sie zunächst zum überwiegenden Teil als Festgeld und i.H.v. 10.000 Euro in einem Fond angelegt. Zum 1.3.2002 hat sie von ihrem Festgeldkonto 25.000 Euro abgehoben und ein Kraftfahrzeug (Renault Espace) für 25.690,00 Euro erworben. Derzeit erzielt sie monatliche Zinseinkünfte i.H.v. 47 Euro.
Seit Juni 2001 lebt die Beklagte mit einem anderen Mann zusammen. Der Kläger hat vor dem AG Baden-Baden eine negative Feststellungsklage erhoben. Er begehrte die Feststellung, dass er der Beklagten ab 1.11.2002 einen geringeren Unterhalt schulde, als durch die einstweilige Anordnung vom 16.8.2002 festgesetzt wurde. Die Klage wurde durch Urteil des AG Baden-Baden vom 16.5.2003 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und begehrt nunmehr die Feststellung, dass er der Beklagten ab 1.7.2003 keinen Unterhalt mehr schulde. Darüber hinaus fordert er die Rückzahlung bereits erbrachter Unterhaltsleistungen i.H.v. insgesamt 6.205,00 Euro.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten seien Kapitaleinkünfte i.H.v. 4 % aus 79.030,38 Euro, insgesamt monatlich 330 Euro, zuzurechnen. Der Erwerb des neuen Kraftfahrzeuges sei nicht erforderlich gewesen, da der Beklagten ein Fahrzeug der Marke Opel Astra zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte habe das größere Fahrzeug nur ...