Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 01.02.2012; Aktenzeichen 6 O 316/10) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 01.02.2012 - 6 O 316/10 - abgeändert:
Die Ablehnung der Sachverständigen Dr. K. wegen Besorgnis der Befangenheit wird für begründet erklärt.
2.
Der Beschwerdewert wird auf 18.760 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld mit der Behauptung, aufgrund einer Fehlkonstruktion der ihr implantierten, von der Beklagten vertriebenen Hüftprothese sei es zu einem Metallabrieb gekommen. Ihre Beschwerden sowie der Prothesenaustausch seien Folge dieses Abriebs. Gegen die Beklagte sind wegen gleichartiger Sachverhalte weitere Verfahren beim Landgericht Freiburg anhängig, in denen Dr. K. ebenso zum Sachverständigen bestellt wurde.
Mit Beschluss vom 08.12.2011 (AS. 561) hat das Landgericht Dr. K. mit der Gutachtenserstattung gem. § 358 a ZPO beauftragt. In diesem Beschluss hatte das Landgericht darauf hingewiesen, dass es Verbindungen zwischen dem Sachverständigen und den Beklagten gebe, diese aber die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen würden.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.12.2011 den Sachverständigen Dr. K. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung führt sie an, dass die vom Sachverständigen selbst als auch vom Ärztlichen Direktor der Orthopädischen Klinik ..., Prof. Dr. E., per Email vom 22.09.2009 eingeräumten fortbestehenden Verbindungen vom sog. parteiobjektiven Maßstab aus Anlass geben würden, an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu zweifeln. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Befangenheitsantrag Bezug genommen.
Die Beklagte sieht keinen Befangenheitsgrund. Keiner der von Herrn Dr. K. aufgeführten Kontakte zu den Beklagten begründe Zweifel an seiner Unparteilichkeit.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Dr. K. als unbegründet zurückgewiesen. Es hat der sofortigen Beschwerde der Klägerin vom 15.02.2012 mit weiterem Beschluss vom 16.02.2012 nicht abgeholfen. Auf die Gründe der genannten Beschlüsse (As. 639 ff./663 f.) als auch den Inhalt der Beschwerdeschrift (As. 655 ff.) wird Bezug genommen.
II. Die gemäß § 46 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Dr. K. ist gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO begründet. Es liegen in der Gesamtschau objektive Gründe vor, die einer besonnenen und vernünftig denkenden Partei Anlass geben können, an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Sachverständigen Dr. K. zu zweifeln.
1.
Bestehen Verbindungen oder Kooperationen von Hochschullehrern auf dem Gebiet der Technik und der Naturwissenschaften zu bzw. mit Wirtschaftsunternehmen, vermag nicht allein dieser Umstand die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (BGH Beschluss vom 23.10.2007, X ZR 100/05 - GRUR 2008, 191). Es kommt vielmehr auf die Nähe der Beziehungen an. Von Bedeutung ist auch, ob es sich um gegenwärtige oder zumindest nicht um lange zurückliegende Verbindungen handelt (vgl. dazu BGH aaO.) und wie sich die Kooperation nach außen hin darstellt (BGH Beschluss vom 21.02.2006 - X ZR 103/04 - nach [...]).
2.
Gemessen hieran besteht aus der Sicht einer verständigen, besonnenen Partei der Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit. Maßgeblich hierfür ist die Gesamtwürdigung der Beziehungen, der geschäftlichen Kontakte und des Auftretens des Labors für Biomechanik und Implantatforschung der Orthopädische Universitätsklinik ..., dessen technischer Leiter der Sachverständige ist, als auch des ärztlichen Direktors Prof. Dr. E., der die Leitung über dieses Labor inne hat, nach außen.
a.
So hat der Sachverständige die Beklagte Ziff. 1 noch in jüngerer Zeit, nämlich im März 2011, unentgeltlich beraten. Unentgeltlichkeit ist im Rahmen eines professionellen Kontaktes durchaus ungewöhnlich und zeugt von einer besonderen Verbindung bzw. Nähe des Sachverständigen zu der Beklagten Ziff.1. Hierauf deutete bereits die im November 2010 vom Sachverständigen durchgeführte Schulung für Mitarbeiter der Beklagten Ziff.1 an einer Prüfmaschine eines Dritten in deren Betriebsräumen hin, auch wenn diese vergütet wurde.
b.
Hinzu kommt, dass Prof. Dr. E. bereits in der Vergangenheit wegen der Nähe der orthopädischen Abteilung der Universität ... zu den Beklagten einen Gutachtensauftrag von Dr. R. abgelehnt. Die Ablehnung war von Bedenken aufgrund einer möglichen Besorgnis der Befangenheit bestimmt.
c.
Das Labor für Biomechanik und Implantatforschung führt auf seiner Internetseite die Firma Z. unter "Industriekooperationen" mit einem Link zur Firma Z., USA auf.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Kosten gehören zu den Kosten des Rechtsstreits (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 46 Rn. 20 m.N.).
Der Beschwerdewert ist im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen g...