Entscheidungsstichwort (Thema)
Einziehung. Überladung. unteilbare Ladung. Verkehrsrecht. Ordnungswidrigkeitenrecht. Zur Bestimmung des Erlangten bei Überladung mit unteilbarer Ladung
Leitsatz (amtlich)
Nach der Neufassung des Einziehungsrechts 2017 ist auch in sog. Überladungsfällen mit unteilbarer Ladung das für die Durchführung des Transports erhaltene Entgelt das durch die Tat erlangte Etwas i.S.d. § 29a Abs. 1 OWiG.
Normenkette
OWiG § 29 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 11.03.2021; Aktenzeichen 76 OWi 560 Js 32490/20) |
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 11.3.2021 mit den Feststellungen zur Höhe des der Betroffenen für den Transport zugeflossenen Entgelts aufgehoben.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Freiburg zurückverwiesen.
- Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 11.3.2021 ordnete das Amtsgericht die Einziehung eines Geldbetrags von 6.866 € an. Nach den Feststellungen transportierte das betroffene Schwerlast-Transportunternehmen am 14.2.2020 einen Container 45'' Electric von Burgos (Spanien) nach Cieszanowice (Polen), wobei das Fahrzeug mit der Ladung eine Höhe von jedenfalls 4,17 Metern, eine Länge von 23,80 Metern und ein Gesamtgewicht von 45.668 kg aufwies. Abmessungen und Gewicht waren von der dafür eingeholten Ausnahmegenehmigung nicht abgedeckt. Nach Erteilung der erforderlichen Ausnahmegenehmigung konnte der Transport fortgesetzt werden. Das Amtsgericht hat das Entgelt für die Durchführung des Transports als den durch bzw. für die Tat erlangten Vorteil angesehen, dessen Höhe es auf der Grundlage der Kostensätze Gütertransport Straße (KGS) auf 6.866 € geschätzt hat.
Mit der frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde beanstandet die Betroffene die Annahme, dass die Betroffene für die Durchführung des Transports ein Entgelt erhalten habe. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat mit ihrer Antragsschrift vom 17.6.2021 beantragt, die angefochtene Entscheidung wegen unzureichender Mitteilung der Schätzgrundlagen aufzuheben.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
1. Rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden sind die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil, wonach bei der Durchführung des Transports sowohl die nach §§ 22 Abs. 2 Satz 1 StVO, 32 Abs. 3, 4 und 4a StVZO zulässige Höhe und Länge des Fahrzeugs als auch das nach § 34 StVZO zulässige Gesamtgewicht überschritten waren, ohne dass dafür eine Ausnahmegenehmigung nach §§ 29 Abs. 3 Satz 1, 70 StVZO vorlag, und dies sowohl vom Fahrer als auch von dem bei der Betroffenen zuständigen Disponenten zumindest billigend in Kauf genommen wurde.
2. Die Bestimmung des danach der Einziehung gemäß § 29a Abs. 1 OWiG unterliegenden Geldbetrags ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Soweit das Amtsgericht bei der Bemessung im Ausgangspunkt auf das für die Durchführung des Transports gezahlte Entgelt abgestellt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
1) Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I 872) war allerdings umstritten, was bei der Durchführung eines die allgemeinen verkehrsrechtlichen Beschränkungen übersteigenden Schwertransports mit unteilbarer Ladung ohne die dafür erforderliche behördliche Erlaubnis als das aus bzw. für die Tat erlangte "etwas" i.S.d. § 29a Abs. 1 OWiG anzusehen ist.
(1) Das Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 30.8.2011 - 322 SsBs 175/11 = DAR 2011, 642; Beschluss vom 15.5.2013 - 322 SsBs 108/13 = DAR 2013, 480) und dem folgend das Oberlandesgericht Hamburg (Beschluss vom 2.1.20214 - 2 - 43/13 (RB) = NStZ 2014, 340) unterschieden danach, ob es sich bei der nicht beachteten behördlichen Kontrollbefugnis um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder aber ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt handelt und ordneten die Ausnahmegenehmigung nach §§ 29 Abs. 3 Satz 1 StVO, 70 StVZO als Letzteres ein. Da danach die Durchführung des Transports als solches als nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig eingestuft wurde, wurde - im Fall entgeltlicher Durchführung des Transports - der gezahlte Transportlohn als das durch die Tat Erlangte angesehen.
(2) Demgegenüber hielt das Oberlandesgericht Koblenz es - in der dazu ergangenen Entscheidung (Beschluss vom 28.9.2006 - 1 Ss 247/06 = ZfS 2007, 108) nicht tragend - für maßgeblich, ob der Transport schlechterdings nicht erlaubnisfähig ist. Lagen hingegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vor, lag der Verstoß danach nur in der unterbliebenen Einholung der Erlaubnis, weshalb nur die dadurch ersparten...