Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung unlauteren Wettbewerbs
Leitsatz (amtlich)
1. Gewinnspiele der Pharma-Industrie mit wertvollen Preisen (z. B. einem „Smart-Automobil”) sind unzulässig, wenn gleichzeitig für Arzneimittel geworben wird.
2. Derartige Gewinnspiele sind nur im Rahmen der allgemeinen Firmen- oder Imagewerbung zulässig.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Freiburg vom 13.09.1999 (10 O 56/99) wie folgt abgeändert:
Der Beklagten wird untersagt, im Rahmen von Pharma-Werbeveranstaltungen Preise in Form eines „Smart”-Automobils oder gleichwertiger Gegenstände auszuloben, wenn gleichzeitig für Arzneimittel der Beklagten geworben wird, insbesondere wenn dies in der Form geschieht wie auf dem Messestand der Beklagten auf der „Medica” 1998 in Düsseldorf.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, angedroht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits – beider Instanzen – werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Sicherheitsleistungen können auch durch unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaften einer im Inland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
6. Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand
I.
Mit der Klage soll der Beklagten untersagt werden, Pharma-Werbeveranstaltungen durchzuführen, bei denen wertvolle Preise (z. B. ein Smart-Automobil) ausgelobt werden.
Die Klägerin ist ein namhafter Arzneimittelhersteller, die Beklagte ein großes Pharma-Handelsunternehmen. Die Parteien stehen miteinander im Wettbewerb. Die Beklagte unterliegt der Betriebsordnung für pharmazeutische Unternehmer und verfügt über eine Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG. Sie importiert bzw. reimportiert Arzneimittel aus anderen Staaten der Europäischen Union und des europäischen Wirtschaftsraums. Die Arzneimittel werden mit den erforderlichen Angaben in deutscher Sprache gekennzeichnet (§ 10 AMG), mit der § 11 AMG entsprechenden Gebrauchsinformation versehen und – jedenfalls teilweise – in eigene Packungsumhüllungen umgepackt. Die von ihr importierten Arzneimittel werden unter eigenem Namen in den Verkehr gebracht. Diese Arzneimittel sind in ihren arzneilich wirksamen Bestandteilen und ihrer therapeutischen Relevanz identisch mit den Medikamenten der Originalhersteller. Unter dem Warensortiment der Beklagten befinden sich auch zahlreiche Arzneimittel aus der Produktion der Klägerin.
Vor der Fachmesse „Medica” in Düsseldorf vom 18. bis 21.11.1998 („30. Weltforum für Arztpraxis und Krankenhaus”, vgl. Katalog, Anlage K 2) ließ die Beklagte 35.000 Autoschlüssel herstellen und verschickte diese an ebenso viele niedergelassene Ärzte in Deutschland. Die Empfänger wurden aufgefordert, den Messestand der Beklagten auf der „Medica” zu besuchen und auszuprobieren, ob der zugesandte Schlüssel zu dem dort ausgestellten Pkw „Smart” paßte. Der erste Teilnehmer, dessen Schlüssel das Schloß öffne, sollte den „Smart” im Wert von ca. 20.000,00 DM gewinnen. Das Begleitschreiben (Anlage B 1) enthielt keinen Hinweis auf bestimmte Arzneimittel, es lag aber eine Antwortpostkarte bei, mittels derer eine Teilnahme am Gewinnspiel ohne Messebesuch möglich war. Die Antwortpostkarte enthielt auch die Frage: „Welche Praxis-EDV” setzen sie ein?
Die Beklagte vertreibt neben Arzneimitteln auch ein Softwareprogramm, das Ärzten die Feststellung ermöglichen soll, ob und wo ein re- oder parallelimportiertes Arzneimittel bei den Apotheken verfügbar ist, damit dieses verschrieben werden kann.
Auf dem Messestand der Beklagten bei der „Medica” in Düsseldorf 1998 war der „Smart” – umgeben von Werbetafeln mit dem Namen der Beklagten – aufgestellt. Rechts und links neben dem Fahrzeug wurden in zwei Schaukästen Arzneimittelpackungen aus dem Sortiment der Beklagten präsentiert. Auf den Vitrinen befanden sich „Imagebroschüren, die keine konkrete Arzneimittelwerbung enthielten” (I 35). Wegen der äußeren Gestaltung des Messestandes wird auf die Abbildungen K 6 bis K 10 sowie auf das Foto auf der Anlage K 1 verwiesen.
Über das Gewinnspiel wurde in der Ärzte-Zeitung berichtet (Anlage K 1). Am ersten Tag probierten mehr als tausend – während der gesamten Veranstaltung mehr als doppelt soviel – niedergelassene Ärzte, ob der ihnen zugesandte Schlüssel paßte. Da dies nicht der Fall war, wurde der Gewinner nachträglich per Los ermittelt. Darüber wurde ebenfalls in der Ärzte-Zeitung berichtet (Anlage K 3). Auch dieser Bericht enthielt keinen Arzneimittelnamen, sondern lediglich den Firmennamen der Beklagten.
Die Klägerin ist der...