Leitsatz (amtlich)
1. Das ursprünglich gegebene Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage besteht selbst in dem Fall, dass über die vom Beklagten später erhobene Leistungsklage mündlich verhandelt worden ist, ausnahmsweise fort, wenn die Feststellungsklage zu diesem Zeitpunkt seit geraumer Zeit entscheidungsreif ist, während sich die Leistungsklage noch im Anfangstadium befindet.
2. Ein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb des Herstellers bzw. des Händlers kann auch in der Erwirkung einer sachlich nicht gerechtfertigten einstweiligen Verfügung gegen dessen Abnehmer durch einen Patentinhaber liegen.
3. Eine deliktische Haftungsverantwortlichkeit des Patentinhabers scheidet aber mangels Verschuldens aus, wenn dieser zunächst die Entscheidung des Bundespatentgerichts im Patentnichtigkeitsverfahren abwartet, dann vor Eintritt der Rechtskraft des ihm günstigen Urteils die Vertriebsgesellschaften abmahnt und gegen sie einstweilige Verfügungen erwirkt, und wenn das Patent nachträglich im Nichtigkeitsverfahren aufgrund des bereits im Erteilungsverfahren eingeführten Standes der Technik wegen fehlender Erfindungshöhe vernichtet wird.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BGB §§ 276, 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 7 O 164/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 24.10.2001 wird im Umfang seiner Anfechtung durch den Einspruch der Beklagten aufrechterhalten.
2. Die weiteren Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung der Klägerin aus dem Versäumnisurteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtsfolgen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung, die zu einer gerichtlichen Beschlussverfügung führte.
Die Klägerin stellt her und vertreibt u.a. Funkuhren. Sie ist seit 1998 Inhaberin (zuvor war sie zur Rechtsverfolgung im eigenen Namen ermächtigte Lizenznehmerin) des am 26.3.1985 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung G 84 32 847 am 9.4.1984 angemeldeten deutschen Patents 35 10 861, das eine Anzeigestellungs-Detektionseinrichtung für eine Uhr, insb. eine Funkuhr betrifft. Die Vorrichtung diente zur Ermittlung und Korrektur (der Stellung des Räderwerks) der Zeiger vor einem Zifferblatt (Analoganzeige) einer Funkuhr.
Die Beklagte lieferte im Jahre 1996 in China gefertigte, über die Firma E., Hongkong (künftig: ESL) nach Deutschland importierte Funkwanduhren an Unternehmen der Handelsgruppe L.. Am 9.4.1996 erhob ESL Nichtigkeitsklage gegen das Patent der Klägerin vor dem Bundespatentgericht (2 Ni 17/96). Mit Urt. v. 2.10.1996 bestätigte das Bundespatentgericht das Patent in dem von der Rechtsinhaberin verteidigten Umfang und vernichtete im Übrigen das Patent (Anl. K 1). Daraufhin mahnte die Klägerin am 22.11.1996 zwei Unternehmen der L.-Gruppe unter Berufung auf den vom Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Anspruch 2 erfolglos ab und erwirkte sodann am 13.12.1996 zwei Beschlussverfügungen des LG Düsseldorf (4 0 423/96 und 4 0 424/96; Anl. B 4 und B 5). Die Antragsgegnerinnen erkannten mit Vereinbarung vom 21.2.1997 (Anl. B 6) die einstweiligen Verfügungen als endgültige Regelungen an und verzichteten auf das Recht zum Widerspruch sowie auf die Rechte aus § 926, 927 i.V.m. § 935 ZPO; insgesamt 12 weitere Unternehmensgesellschaften der L.-Gruppe schlossen sich der Unterlassungsverpflichtung an. Gegen die beiden Antragsgegnerinnen ergingen später Ordnungsmittelbeschlüsse i.H.v. jeweils DM 50.000,00 wegen Zuwiderhandlungen im Herbst 1998.
Am 19.2.1997 legte die Nichtigkeitsklägerin (ESL) gegen das Urteil des Bundespatentgerichts Berufung ein. Auf Antrag der Klägerin vom 14.4.1997 erging auch gegen die Beklagte Urteilsverfügung des LG Düsseldorf (4 0 134/97), gestützt auf den Anspruch 2 des vom Bundespatentgericht bestätigten Patents. Im Berufungsrechtszug vor dem OLG Düsseldorf nahm die Klägerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte am 14.1.1998 zurück; die am 6.1.1998 erhobene Hauptsacheklage wurde von der Klägerin am 9.11.1998 zurückgenommen. Mit Urt. v. 23.9.1999 (X ZR 50/97, Anl. K 2) erklärte der BGH auch den Anspruch 2 des Patents der Klägerin mangels erfinderischer Tätigkeit für nichtig. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 23.2.2000 (Anl. K 9) ließ die Beklagte die Klägerin wissen, dass ihr aufgrund unberechtigten Vorgehens der Klägerin ein vorläufig mit DM 1.718965,00 bezifferter Schaden entstanden sei.
Daraufhin erhob die Klägerin am 30.3.2000 negative Feststellungsklage. Der Anspruch, dessen sich die Beklagte berühme, bestehe nicht. Ihr könne ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden. Außerdem sei der behauptete Schaden nicht schlüssig dargetan.
Die Kläge...