Entscheidungsstichwort (Thema)
Bargeschäftsprivileg bei der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens
Leitsatz (amtlich)
1. Das Bargeschäftsprivileg (§ 142 InsO) findet auch bei der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens (§ 135 Abs. 1 InsO) Anwendung.
2. Die Rückzahlung eines Darlehens kann ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO sein, wenn die Darlehensgläubigerin im unmittelbaren Austausch eine gleichwertige Sicherheit aufgibt (hier: Eigentum an einem Neufahrzeug).
Normenkette
InsO § 135 Abs. 1, § 142
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen M 4 O 198/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 21.04.2016 - M 4 O 198/15 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach den Entscheidungen vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Autohaus F. GmbH, die ihren Sitz in R. hatte. Er macht gegen die Beklagte einen Anspruch aus Insolvenzanfechtung geltend.
Die Schuldnerin handelte mit Neu- und Gebrauchtwagen. Dabei bezog sie Neufahrzeuge insbesondere von den Herstellern Peugeot und Opel. Mit notariellem Vertrag vom 28.11.2011 erwarb die Beklagte einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 39.200,00 EUR gegen Zahlung eines Kaufpreises von 400.000,00 EUR. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug zu dieser Zeit insgesamt 80.000,00 EUR. Im Sommer des Jahres 2012 geriet die Schuldnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sie hatte Fahrzeuge von Peugeot und Opel bezogen, für die sie Kaufverträge mit Kunden abgeschlossen hatte oder abschließen wollte. Eine Abwicklung der Kaufverträge war ihr jedoch nicht ohne weiteres möglich, da Opel und Peugeot eine Herausgabe der Zulassungsbescheinigungen Teil II und eine Übertragung des Eigentums an den Fahrzeugen verweigerten, solange die Schuldnerin die mit den Herstellern vereinbarten Kaufpreise nicht gezahlt hatte. Zur Vorfinanzierung der Neuwagen-Kaufverträge war die Beklagte bereit, der Schuldnerin ein Darlehen in Höhe von insgesamt 300.000,00 EUR zu gewähren. Im schriftlichen Darlehensvertrag vom 29.06.2012 vereinbarten die Schuldnerin und die Beklagte:
A. Erstmalige Auszahlung
§ 1
Darlehen / Konto / Zweckabrede
(1) Die Darlehensgeberin verpflichtet sich, der GmbH ein Darlehen in Höhe von EUR 300.000 (in Worten: Euro dreihunderttausend) zu gewähren.
(2) Das Darlehen ist am 29.06.2012 zur Auszahlung fällig und auf das folgende Treuhandkonto der Darlehensgeberin bei Herrn StB/RA. Dr. H. R. in S. zu überweisen:
Kontonummer: . . . .
Bankleitzahl: . . . .
IBAN: . . . .
BIC-Nummer: . . . .
Kreditinstitut: . . . .
(3) Die Darlehensgeberin hat Herrn Dr. H. R. unwiderruflich angewiesen, in Erfüllung der Auszahlung des Darlehens die Darlehenssumme von EUR 300.000 umgehend nach Eingang auf dem Treuhandkonto auf das sog. Direktkonto der GmbH bei der P. Deutschland (nachfolgend auch "PSA" genannt) zu überweisen.
(4) Die GmbH verpflichtet sich, den auf dem Direktkonto eingehenden Betrag von EUR 300.000 ausschließlich zu dem in der Präambel beschriebenen Zweck zur Ablösung von PKW (nachfolgend auch "Ablösung Tranche 1" genannt) zu verwenden. Der Darlehensbetrag ist in seiner Höhe auf die Summe der Höhe der Kaufpreise der Kaufverträge I der abzulösenden Fahrzeuge beschränkt.
§ 2
Abwicklung Ablösung Tranche 1
Die Ablösung der Tranche 1 wird wie folgt abgewickelt:
a) Aufgrund der Einzahlung der Darlehensgeberin auf dem Direktkonto der GmbH bei der PSA wird die PEUGEOT Deutschland GmbH nachfolgend auch "PD" genannt) der GmbH die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kfz-Briefe) für die PKW der Tranche 1, welche von PD bereits teilweise an die GmbH ausgeliefert wurden, übergeben. Dieser Vorgang bewirkt den Übergang des Eigentums an diesen Fahrzeugen auf die GmbH;
b) Die GmbH wird diese Fahrzeuge in den nächsten Tagen auf die Käufer der Kaufverträge I zulassen und die PKW innerhalb der kommenden Tage an die Käufer nach bzw. Zug um Zug mit (restlicher) Zahlung des Kaufpreises übergeben und übereignen. Dabei ist die GmbH verpflichtet, restliche Zahlungen des Kunden nach Möglichkeit auf das Sonderkonto bewirkt zu bekommen. Barzahlungen des Kunden sind (außer Samstag) nach
Möglichkeit noch am selben Tage, ansonsten am Vormittag des nächsten Werktags, auf das Sonderkonto einzuzahlen.
§ 3
Bestellung und Freigabe von Sicherheiten /
Rückzahlung des Darlehens
(1) Auf den Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums der PKW Tranche 1 aus den Kaufverträgen I vom Hersteller auf die GmbH (Briefübergabe) übereignet die GmbH hiermit der Darlehensgeberin zur Sicherung des Darlehensrückerstattungsanspruchs der Darlehensgeberin das Eigentum an diesen PK...