Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrufsbelehrung im Verbraucherdarlehensvertrag "2 Wochen (1 Monat)" ist unklar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Angabe zweier Fristen "2 Wochen (1 Monat)" mit Erläuterung in einer Fußnote in der Widerrufsbelehrung des Verbraucherdarlehensvertrags genügt nicht dem Erfordernis eindeutiger Belehrung, wenn nicht unmissverständlich ist, wann welche Frist gilt.

2. Die Klage auf Feststellung, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, ist zulässig. Einzelne Berechnungsparameter zur Ermittlung eines Saldos für die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages können dagegen nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 12.10.2015; Aktenzeichen 10 O 222/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.10.2015 - 10 O 222/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsausspruch wie folgt lautet:

Es wird festgestellt, dass sich der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag mit der Nr. ... durch den Widerruf der Kläger vom 18.03.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.

2. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagten fallen die Kosten des Berufungsrechtszuges zur Last.

4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar.

1. Die Zwangsvollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung der Gläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für die Berufungsinstanz und - in Abänderung des Beschlusses des LG vom 11.10.2015 - auch für den ersten Rechtszug wird auf 45.092,99 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Berechtigung der Kläger zum Widerruf eines Verbraucherdarlehens.

Am 03./15.05.2007 schlossen die Kläger zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs mit der Beklagten in deren Filiale in K. ein Verbraucherdarlehen aus dem KfW-Wohneigentumsprogramm zur Finanzierung des Neubaus eines Wohnhausneubaus zur Selbstnutzung über einen Nennbetrag von 100.000 EUR zu einem bis 30.06.2017 festgeschriebenen Zinssatz von 4,2 % (Anlage K 1). Die von den Klägern erteilte Belehrung über ihr Widerrufsrecht (Anlage K 2) lautet wie folgt:

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)1 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen - ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung - die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs." ------------------------------------------------------

1) Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. mitgeteilt werden kann.

Mit Anwaltsschreiben vom 18.03.2015 machten die Kläger geltend, dass ihnen ein Recht zum Widerruf ihrer auf den Abschluss des ursprünglichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen zustehe (Anlage K 4). Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 30.03.2015 (Anlage K 4). Die Kläger haben Feststellung begehrt, dass ihnen das behauptete Recht nach wie vor zustehe.

Wegen der weiteren Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat der Klage stattgegeben. Das Feststellungsbegehren sei zulässig und begründet. Die erteilte Widerrufsbelehrung enthalte zwei alternative Fristen und sei damit nicht eindeutig, vielmehr verwirrend und daher unwirksam. Der Einwand der Verwirkung sei unbegründet. Es fehle jedenfalls am Umstandsmoment.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des LG wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Im Übrigen wiederholt die Beklagte ihre bereits im ersten Rechtszug vorgetragene Rechtsauffassung. Sie hält den Widerruf für unwirksam, weil die Widerrufsbelehrung für jeden Verbraucher in der konkreten Situation der Kläger die Widerrufsfrist von zwei Wochen hinreichend deutlich vor Augen führe. Denn in einer Präsenzsituation könne nicht zweifelhaft sein, dass mit Aushändigung der Vertragsurkunde der Darlehensvertrag geschlossen sei und damit die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt werde.

Die Kläger treten der Berufung entgegen. Sie beantragen Zurückweisung der Berufung sowie Feststellung, dass der Darlehensvertrag durch den nach Erlass des landgerichtlichen Urteils von den Klägern am 23.10.2015 erklärten Widerruf (Anlag...

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