Leitsatz (amtlich)

1. Lässt sich eine Zahnärztin in einem Telefonbuch unter der Rubrik "Zahnärzte für Kieferorthopädie" eintragen, so kann dies irreführend sein, wenn die Zahnärztin zwar im Bereich der Kieferorthopädie tätig, aber nicht berechtigt ist, die Gebietsbezeichnung "Fachzahnärztin für Kieferorthopädie" zu führen.

2. Eine Zahnärztin muss die Art und Weise der Eintragung im Telefonbuch vollständig und exakt vorgeben. Ist der schriftliche Auftrag unvollständig (weil beispielsweise die Rubriken-Überschrift, unter der die Eintragung erscheinen soll, nicht genau angegeben ist), muss sie die Gestaltung der Eintragung an Hand eines Korrekturabzugs kontrollieren. Geschieht dies nicht, ist die Zahnärztin für daraus resultierende Fehler und Ungenauigkeiten des Telefonbucheintrags wettbewerbsrechtlich verantwortlich.

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 05.10.2007; Aktenzeichen 12 O 6/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Freiburg vom 5.10.2007 - 12 O 6/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Tenors wie folgt gefasst wird:

Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, verboten, zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr

a) sich in Telefonbüchern der Landkreise Waldshut-Tiengen und Lörrach unter der Rubrik Zahnärzte für Kieferorthopädie eintragen zu lassen, wenn dies so geschieht wie im örtlichen Telefonbuch für Bad Säckingen 2006/2007 des Kramer-Verlags, und

b) sich in Telefonbüchern der Landkreise Waldshut-Tiengen und Lörrach unter der Rubrik Zahnärzte für Kieferorthopädie (Fachzahnärzte) eintragen zu lassen.

2. Auf die Anschlussberufung der Kläger wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger - über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus - weitere vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 306,90 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Anschlussberufung der Kläger zurückgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung im Urteil des LG wird aufgehoben.

Die Kosten im Verfahren vor dem LG tragen

  • der Kläger Ziff. 1 zu 1/16,
  • der Kläger Ziff. 2 zu 1/16,
  • die Klägerin Ziff. 3 zu 1/16,
  • der Kläger Ziff. 4 zu 1/16 und
  • die Beklagte zu ¾.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Kläger abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger sind niedergelassene Fachzahnärzte für Kieferorthopädie in Südbaden. Die Beklagte betreibt ebenfalls eine Zahnarztpraxis in Südbaden. Sie ist nach den entsprechenden Bestimmungen der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg nicht berechtigt, die Gebietsbezeichnung Fachzahnärztin für Kieferorthopädie zu führen. Die Kläger beanstanden bestimmte Werbemaßnahmen der Beklagten.

Mit Urteil vom 5.10.2007 hat das LG die Beklagte antragsgemäß wie folgt verurteilt:

1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, verboten, zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr sich in sämtlichen Telefonbüchern der Landkreise Waldshut-Tiengen und Lörrach als Zahnärztin für Kieferorthopädie oder Fachzahnärztin für Kieferorthopädie zu bezeichnen oder eintragen zu lassen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.077,62 EUR zu bezahlen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Beklagte habe bei ihrer Werbung in verschiedenen Telefonbüchern in Südbaden gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts verstoßen. Sie habe den - unzutreffenden - Eindruck erweckt, sie sei Fachzahnärztin für Kieferorthopädie. Dies sei zum einen irreführend i.S.v. § 5 UWG. Zum anderen habe die Beklagte gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie sei als Zahnärztin ausschließlich auf dem Gebiet der Kieferorthopädie tätig. Eine Werbung im Telefonbuch unter der Rubrik "Zahnärztin für Kieferorthopädie" sei mithin zutreffend, da auf diese Weise ihr Tätigkeitsgebiet zutreffend beschrieben werde. Es sei gleichzeitig auch nicht zu beanstanden, wenn sie mit dem Begriff "Praxis für Kieferorthopädie" werbe. Sie könne auch nicht gezwungen werden, Telefonbucheintragungen jeweils mit dem ausdrücklichen Zusatz "Tätigkeitsschwerpunkt: Kieferorthopädie" zu verbinden. Denn der Bereich der Kieferorthopädie sei nicht ein Schwerpunkt ihrer zahnärztlichen Praxis, vielmehr sei sie ausschließlich in diesem Bereich tätig.

Die Beklagte weist zudem auf verfassungsrechtliche Gesichtspunkte hin. Das Grundrecht der Berufsfreiheit verbiete die von den Klägern erstrebte Einschränkung ihrer Werbemöglic...

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