Leitsatz (amtlich)
Unklarheit der Invaliditätsbezeichnung in der Gliedertaxe "Funktionsunfähigkeit eines Arms im Schultergelenk".
Normenkette
AUB § 7; BGB § 305c
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 07.06.2005; Aktenzeichen 3 O 71/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung das Urteil des LG Mannheim vom 7.6.2005 - 3 O 71/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird unter Klagabweisung im Übrigen verurteilt über den vorgerichtlich bezahlten Betrag von 26.726,67 EUR hinaus an die Klägerin weitere 116.435,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.3.2004 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 42 % und die Beklagte zu 58 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht ggü. der Beklagten Ansprüche aus einer Unfallversicherung geltend.
Die Klägerin hat mit der Beklagten einen Unfallversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die AUB 94 sowie die Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel (Formel 2/P 350) zugrunde liegen (Versicherungsschein vom 12.11.1997; Anlage K 4). Die Invaliditätsgrundsumme beläuft sich auf 224.000 DM, die Höchstsumme bei Vollinvalidität nach der Invaliditätsstaffel (P 350 %) beträgt 784.000 DM. In § 7 Abs. 1 (2)a AUB 94 wird bestimmt:
"Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk 70 %."
Am 5.2.2001 erlitt die Klägerin einen Unfall, bei der sie sich eine Schulterverletzung links zuzog. Die Verletzungsfolgen des Sportunfalls sind unstreitig. Die Parteien streiten allein über die Bewertung des zugrunde zu legenden Invaliditätsgrades.
Die Beklagte hat vorprozessual einen Invaliditätsgrad von 23,34 % (1/3 von 70 %) Armwert anerkannt und die sich daraus ergebende Invaliditätsentschädigung i.H.v. 26.723,67 EUR an die Klägerin ausgezahlt. Bezüglich der mit der Klage geltend gemachten Beträge für Krankenhaustage - und Genesungsgeld i.H.v. 2.108,92 EUR und 671,02 EUR haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das LG hat mit Urt. v. 7.6.2005, auf das wegen der weiteren Feststellung Bezug genommen wird, der auf Zahlungen von noch 202.335,09 EUR gerichteten Klage i.H.v. 60.318,66 EUR nebst Zinsen statt gegeben. Das LG hat ausgeführt, dass von einem Armwert von 6/10 auszugehen sei. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei als Folge der am 5.2.2001 erlittenen Humeruskopffraktur links eine Humeruskopfnekrose entwickelt worden. Hierbei handele sich es um eine Durchblutungsstörung des Knochen, die auf die primäre Schädigung des Humeruskopfes zurückzuführen sei. Die bei der Klägerin hierdurch bedingten Beeinträchtigungen des linken Schultergelenks in Form massiver Bewegungseinschränkungen und einer endgradigen Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks sowie der Unterarmdrehbeweglichkeit führten den Ausführung des gerichtlichen Gutachters zufolge zu einer mit 6/10 Armwert zu beurteilenden Funktionsbeeinträchtigung.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Die Klägerin macht geltend, die Gebrauchsfähigkeit des linken Armes sei fehlerhaft bewertet worden. Der Sachverständige habe sich bei seiner Invaliditätsbeurteilung nicht an die Bewertungsmaßstäbe der Gliedertaxe der AUB gehalten. Die auch vom Sachverständigen eingeräumte massive Bewegungseinschränkung des Arm im Schultergelenk beeinträchtige die Klägerin entscheidend in der Gebrauchsfähigkeit des Armes. Welche generellen Auswirkungen die Oberarmkopfnekrose auf andere Funktionen des Arms etwa beim Tragen von Gegenständen habe, habe der Sachverständige vollständig außer Betracht gelassen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Mannheim teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über die vorgerichtlich bezahlten und vom LG zugesprochenen Beträge hinaus weitere 142.016,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen verwiesen. Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Priv.-Doz. Dr. W zum Grad der Funktionsbeeinträchtigung des linken Schultergelenks eingeholt.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In de...