Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Rechtsfolgen bei jahrelanger Nichtgeltendmachung von Spitzenbeträgen bei "automatischen" Mieterhöhungen durch vereinbarte Gleitklauseln.
2. Hat der Mieter dem Vermieter eine Einzugsermächtigung erteilt und ist vereinbart, dass der Vermieter die Miete vom Konto des Mieters durch Lastschrift einzieht, gerät der Mieter nicht in Schuldnerverzug nach § 286 BGB, soweit der Vermieter von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch macht. Das gilt jedenfalls dann, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Konto des Mieters keine genügende Deckung aufweist, und der Mieter auch im Übrigen nicht (mit-)veranlasst, dass der Vermieter die Einziehung unterlässt.
3. Eine in einem Mietverhältnis dem Vermieter erteilte Einzugsermächtigung bezieht sich nur auf unbestrittene Forderungen.
4. Ein Bestreiten des in einer mietrechtlichen Betriebskostenabrechnung enthaltenen Kostenansatzes ist nur dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter vorher die Berechnungsunterlagen eingesehen oder erfolglos Einsicht verlangt hat. Erscheint der Mieter nach einer entsprechenden Ankündigung in den Geschäftsräumen des Vermieters zu den üblichen Geschäftszeiten oder im Falle eines privaten Kleinvermieters werktags in den frühen Abendstunden, muss der Vermieter sofort Belegeinsicht gewähren, weil der Anspruch auf Belegeinsicht nach Zugang der Abrechnung sofort fällig ist.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 7. Mai 2015 - 8 O 498/13 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.469,00 EUR nebst Zinsen p.a. in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.228,81 EUR seit dem 1. März 2011, aus weiteren 4.004,11 EUR seit dem 15. Juni 2012, aus weiteren 31.020,36 EUR seit dem 20. September 2013, aus weiteren 1.026,52 EUR seit dem 7. Oktober 2013, aus weiteren 1.026,52 EUR seit dem 6. November 2013, aus weiteren 1.026,52 EUR seit dem 5. Dezember 2013 und aus weiteren 4.136,16 EUR seit dem 9. Januar 2014 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 12% und die Beklagte 88% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte war vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2014 Gewerberaummieterin der Klägerin. Die Parteien verband ein Gewerberaummietvertrag vom 12. Dezember 2000 / 8. Januar 2001, in dem die ursprünglich geschuldete Grundmiete auf 16.791,00 DM (netto)(Das sind 8.585,10 EUR (netto).) festgelegt wurde und unter anderem folgende Vereinbarungen getroffen wurden:
III. Mietzeit: Die Mietzeit beginnt am 1. Januar 2001 ... . Die Mietzeit endet am 31. Dezember 2005. Wird das Mietverhältnis nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt, so verlängert es sich jeweils um ein Jahr.
IV. ...
Der Mieter ermächtigt den Vermieter, alle aus diesem Vertrag geschuldeten Zahlungen von dem nachstehend genannten Konto des Mieters im Lastschriftverfahren einzuziehen.
Kontoinhaber: P GmbH
Kontoführendes Kreditinstitut:
Bankleitzahl:
Konto-Nr. ...
V. Mietänderung: Die Grundmiete ändert sich jeweils nach Ablauf von einem Mietjahr, beginnend ab 1. März 2002, um 2% p.a.. Ausgangsbasis für die Erhöhung ist jeweils der zuletzt gezahlte Mietzins.
Nachdem die Miete bis zum Jahr 2005 dementsprechend erhöht und auch bezahlt worden war, vereinbarten die Parteien im Juni 2005 einen Nachtrag Nr. 2 zu diesem Mietvertrag. Darin wurde unter Punkt 2.1 die Grundmiete auf 8.288,28 EUR gesenkt und des Weiteren unter anderem Folgendes vereinbart:
1.1 Der Mietvertrag ... verlängert sich bis zum 31. Dezember 2008. Wird das Mietverhältnis nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt, so verlängert es sich jeweils um ein Jahr.
1.2 Mieter hat das Optionsrecht auf Vertragsverlängerung um 1 × 3 Jahre. Nimmt er dieses Recht in Anspruch, muss er dies dem Vermieter per eingeschriebenem Brief bis zum 30. Juni 2008 mitteilen.
...
2.2 Die Grundmiete ändert sich bei Optionsausübung, beginnend ab dem 1. Januar 2009 um 2% p.a.
Die Beklagte übte ihr Optionsrecht nach Punkt 1.2 rechtzeitig aus.
Mangels Kündigung durch eine der beiden Parteien wurde das Mietverhältnis auch über den 31. Dezember 2011 hinaus fortgesetzt. Es endete mit Ablauf des 31. Dezember 2014.
Die Klägerin meint, die Miete habe sich ab 2009 jährlich um 2% erhöht. Das ergebe sich aus Nummer 2.2 des Nachtrags Nr. 2 zum Mietvertrag. Die Beklagte ist anderer Ansicht. Streitig sind die Mieterhöhungsbeträge für die Jahre 2010 bis ...