Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 32a Abs. 3 GmbHG unterliegt eine Finanzierungshilfe eines mit einem Gesellschafter verbundenen Unternehmens bereits dann Eigenkapitalersatzregeln, wenn dieses im kritischen Zeitpunkt der Finanzierungsentscheidung mittelbar über das Schwester- bzw. Mutterunternehmen an der Kreditnehmerin beteiligt ist.
2. In einem solchen Fall ist unabhängig von der Frage, in welchem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis die an der Kreditnehmerin beteiligten Unternehmensgesellschaften stehen, davon auszugehen, dass das Darlehen mit Rücksicht auf die Beteiligung des verbundenen Unternehmens (societatis causa) gegeben wurde, sodass der Kreditgeber selbst unmittelbar Normadressat des § 32a GmbHG ist.
Normenkette
GmbHG § 32a a.F.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 12.08.2005; Aktenzeichen 11 O 305/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.8.2005 - 11 O 305/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 2.644.657,95 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin, ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, nimmt den beklagten Insolvenzverwalter auf Feststellung von Darlehensforderungen zur Insolvenztabelle in Anspruch.
An der mit einem Stammkapital von (zuletzt) 3,145 Millionen EUR ausgestatteten F. Z. GmbH (künftig auch: Insolvenzschuldnerin) war der Geschäftsführer F. Z. mit 60 % und bis 30.8.2002 die Aktiengesellschaft für Anlagen und Beteiligung, F. (künftig: A.), mit 40 % beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war die industrielle Herstellung und der Vertrieb von Schmuckwaren aller Art. Über das Vermögen der F. Z. GmbH wurde im Januar 2003 vor dem AG Pforzheim das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestimmt.
Die im Jahre 1990 von der A. und F. Z. gegründete Insolvenzschuldnerin wurde durch ein Gesellschafterdarlehen der Firma A. i.H.v. zunächst 7 Mio. DM finanziert, das im Jahr 2001 mit etwas über 6 Mio. DM valutierte und mit einem Rangrücktritt versehen war. Am 30.8.2002 übertrug die A. ihre Beteiligung am Gesellschaftskapital einschließlich des nachrangigen Gesellschafterdarlehens an den Unternehmensgründer Z. und eine weitere Erwerberin. Die Insolvenzschuldnerin nahm Bankkredite in Form von Barkrediten (Kontokorrentkredite) und Goldsachdarlehen in Anspruch. Kreditgeber waren im Wesentlichen die D. V. AG, (künftig: DVB), die Sparkasse P., die Volksbank St., die Volksbank P. sowie die Klägerin. Die genannten Kreditgeber schlossen insbesondere im Hinblick auf die Besonderheiten der ausgereichten Golddarlehen mit der Insolvenzschuldnerin im Mai/Juni 1998 einen Sicherheitenpoolvertrag, wobei die Volksbank P. auf Kreditgeberseite die Führung übernahm (Anl. K 3).
Die Klägerin gewährte der Insolvenzschuldnerin zuletzt einen bis zum 31.8.2002 befristeten Kredit i.H.v. 2 Mio. DM, der bei einem Sollstand von 994.395,71 DM (29.8.2002) nicht verlängert wurde. Der Goldkredit der Klägerin wurde bis zum 31.8.2002 über 320 Kilogramm geführt. Von den kreditgebenden Banken waren die Klägerin (durch eine 86,1 % Beteiligung der GZ Bank AG), die DVB (68,98 %) und die Volksbank St. (11,55 %) über die A. (99,77 % Beteiligung der DZ Bank AG) und die gemeinsame Muttergesellschaft, die DZ-Bank AG, seit deren Fusion mit der DG Bank AG vom 19.9.2001 an der Insolvenzschuldnerin mittelbar beteiligt.
Die Klägerin hat am 3.2.2003 die Darlehensverbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin i.H.v. insgesamt 3.526.210,60 EUR zur Eintragung in die Tabelle angemeldet (Anl. K 1). Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Darlehen der Klägerin unterfielen wegen der Unternehmensverbindung und der im fraglichen Zeitpunkt bestehenden Krise der Insolvenzschuldnerin den Eigenkapitalersatzregeln und seien daher als nachrangige Insolvenzforderungen i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu behandeln.
Im Übrigen wird wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Wegen der konzernmäßigen Verbindung der Klägerin als Kreditgeberin mit der A. (Schwesterunternehmen) über die DZ Bank (Muttergesellschaft) sei die Kreditvergabe der Klägerin, obwohl diese nicht Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin sei, als Gesellschafterdarlehen zuzurechnen. Die Voraussetzungen für eine Umqualifizierung der Darlehen der Klägerin lägen vor. Die Darlehensnehmerin sei bereits im März 2002 kreditunwürdig gewiesen. Die Klägerin habe ohne Weitere...