Leitsatz (amtlich)
1. Es gehört zu den Grundpflichten des Reiseveranstalters, die für ihn tätigen Leistungsträger im Hinblick auf deren Eignung und Zuverlässigkeit sorgfältig auszuwählen und die Art und Weise der Leistungserbringung durch diese regelmäßig zu überwachen. Im Rahmen dieser Verpflichtung ist er ebenfalls für die Sicherheit und Ungefährlichkeit der einzelnen Reiseveranstaltungen verantwortlich
2. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die im Rahmen der Animation von Dritten erbrachten Leistungen, wenn der Reiseveranstalter diese Reiseleistungen als eigene anbietet.
Normenkette
BGB §§ 651d, 651 f., § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen 3 O 79/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 21.11.2002, 3 O 79/02, im Kostenpunkt aufgehoben und i.Ü. wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.815,22 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.11.2001 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 75 % der weiteren materiellen Schäden aus dem Unfall in der Anlage des Hotels Dominicus Palace in der Dominikanischen Republik am 26.9.2001 zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin zu 2) trägt ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie den Gerichtskosten im ersten Rechtszugs 55 %. Der Kläger zu 1) trägt von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im ersten Rechtszug 13 % sowie 28 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten. Die Beklagte trägt von den Gerichtskosten 32 % und von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) im ersten Rechtszug 72 %. Im Übrigen behält die Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.
Von den Kosten des Berufungsrechtszugs trägt der Kläger 32 % und die Beklagte 68 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags sein Schadensersatz- und Feststellungsbegehren entspr. seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 14.5.2003 (Protokoll S. 2, II 53) weiter verfolgt, hat zum Teil Erfolg. Die Beklagte haftet als Reiseveranstalter sowohl deliktisch wegen der Verletzung einer ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB als auch vertraglich gem. § 651d und f BGB, da die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht die von der Beklagten geschuldete Reiseleistung zugleich mangelhaft macht. Allerdings muss sich der Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen.
I. 1. Der Reiseveranstalter ist unabhängig von einer Verkehrsicherungspflicht des Betreibers der Hotelanlage oder des Veranstalters der Animation selbst verpflichtet, diejenigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der jeweiligen Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Dabei wird die deliktsrechtliche Haftung des Reiseveranstalters wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die ihn treffenden vertragsrechtlichen Verpflichtungen mitbestimmt, denn mit seinem Reiseangebot übernimmt der Veranstalter Planung und Durchführung der Reise, sodass der Reisende darauf vertrauen darf, dass er alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise erforderliche unternimmt. Deshalb gehörten zu den Grundpflichten des Reiseveranstalters die sorgfältige Auswahl der Leistungsträger im Hinblick auf deren Eignung und Zuverlässigkeit und die regelmäßige Überwachung der Leistungsträger und der Art und Weise der von ihnen erbrachten Leistungen. Im Rahmen dieser Verpflichtung ist er ebenfalls für die Sicherheit und Ungefährlichkeit der einzelnen Reiseveranstaltungen verantwortlich (BGH v. 25.2.1988 – VII ZR 348/86, MDR 1988, 573 = BGHZ 103, 298 [304 f.]). Davon umfasst sind auch die im Rahmen der Animation von Dritten erbrachten Leistungen, wenn der Reiseveranstalter diese an sich fremden Reiseleistungen als eigene anbietet und damit im Rahmen seiner Gewerbeausübung eine Gefahrenquelle für den Reisenden eröffnet. Dies verpflichtet ihn dazu, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um die Kunden vor Schaden zu bewahren (BGH NJW 2000, 1188 [1190]). Da die von der Beklagten geschuldeten Reiseleistungen die „regelmäßige Animation” mit umfasste, diese somit Bestandteil des „All inclusive”-Angebots wurde (vgl. die Reisebeschreibung vom 21.9.2001, AH I 1), mussten sich die von der Beklagten zu fordernden Schutzvorkehrungen auch auf diese erstrecken. Die Beklagte hatte daher das im Rahmen der Animation eingesetzte Personal sorgfältig auszuwählen und regelmäßig zu überprüfen, um eine über das allgemeine Lebensrisiko hinau...