Leitsatz (amtlich)
Wer als Zubehör für seine versicherte Maschine kein Originalteil verwendet, sondern das für den konkreten Einsatz am Markt angebotene Produkt eines renommierten Herstellers, handelt im Rahmen der Maschinenversicherung nicht grob fahrlässig.
Darlegungs- und beweispflichtig für die Gefahrerhöhung – und damit auch die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den die Gefahr erhöhenden Umständen – ist der Versicherer.
Unrichtigkeiten des Tatbestandes sind einer Korrektur über § 529 ZPO nicht zugänglich. Hier steht allein der gesetzliche Weg des § 320 ZPO offen.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 04.09.2002; Aktenzeichen 14 O 167/99 KfH III) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 4.9.2002 – 14 O 167/99 KfH III – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Maschinenversicherung. Sie begehrt Ersatz der Kosten einer Reparatur ihrer Offsetdruckmaschine.
Die Klägerin hatte ihre neue Offsetdruckmaschine 1998 bei der Beklagten versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Maschinenversicherungs-Bedingungen (AMB) 1986 zugrunde. Nach deren Nr. 2.1 hat der Versicherer „Entschädigung für unvorhergesehene und plötzlich eintretende Schäden” zu leisten, wobei nach der vereinbarten Klausel 135 hierunter solche Schäden fallen, „die der Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten weder rechtzeitig vorhergesehen haben noch mit dem für die im Betrieb ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Fachwissen ohne grobe Fahrlässigkeit hätten vorhersehen können”. Am 18.9.1998 löste sich ein am Morgen dieses Tages neu eingelegtes Gummituch. Die Maschine wurde erheblich beschädigt. Sie wurde für 14.982 DM vorläufig und für 156.862,19 DM endgültig repariert.
Das LG hat mit dem angefochten Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage in der Hauptsache in vollen Umfang stattgegeben.
Mit der gegen ihre Verurteilung gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, die Beweisaufnahme sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, ihr Ergebnis sei daher nicht verwertbar. Im Übrigen wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag, dass für den Schaden allein die Verwendung eines falschen Gummituchs ursächlich gewesen sei. Für die Druckmaschine schreibe der Hersteller zwingend die Verwendung eines eigenen Gummituchs mit der Länge 437 mm vor. Dadurch dass die Klägerin ständig ein Gummituch eines anderen Herstellers mit der Länge 431 mm benutzt habe, habe sie den Schaden grob fahrlässig verursacht und zudem die Schadensgefahr erhöht, was sie der Beklagten nicht angezeigt habe. Leistungsfreiheit bestehe auch, weil die Klägerin den Schadensfall nicht innerhalb von drei Tagen angezeigt und zudem die Maschine provisorisch instand gesetzt hätte, ohne ihr, der Beklagten, vorher Gelegenheit zur Schadensfeststellung zu geben. Die Klägerin könne schließlich eine Entschädigung auch deshalb nicht verlangen, weil sie die Reparaturrechnungen nicht bezahlt habe.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das LG hat der Klage zu Recht im ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Die Klägerin steht aus dem Versicherungsvertrag ein Anspruch auf die geltend gemachten Versicherungsleistungen zu.
1. Der Versicherungsfall ist eingetreten. Der Schaden an der Offsetdruckmaschine wurde durch eine versicherte Gefahr gem. Nr. 2.1 der AMB 1986 verursacht. Der zwischen den Parteien geschlossene Maschinenversicherungsvertrag beinhaltet eine Allgefahrenversicherung. Auf die Ursache des Schadens kommt es deshalb grundsätzlich nicht an (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., AMB Nr. 2 Rz. 1). Ob die Beschädigung der versicherten Maschine dadurch ausgelöst wurde, dass der Drucker, der in erster Instanz vernommene Zeuge D., das Gummituch falsch einspannte, oder ob die Beschädigung darauf beruht, dass die Klägerin ein ungeeignetes Gummituch verwandte, wie die Beklagte behauptet, kann daher in diesem Zusammenhang offen bleiben. Unerheblich ist es deshalb auch, ob das von der Klägerin benutze Gummituch geschient oder ungeschient war und ein geschientes oder ein ungeschientes Gummituch für die Offsetdruckmaschine zu benutzen war.
Der Schaden trat auch plötzlich und unvorhergesehen im Sinn von Nr. 2.1 AMB 1986 i.V.m. Klausel Nr. 135 ein. Dabei kommt dem – in den AMB 1991 zwischenzeitlich auch aufgegebenen – Merkmal „plötzlich” ggü. dem Begriff „unvorhergesehen” keine echte selbstständige Bedeutung zu; beide Begriffe beschreiben den Versicherungsfall vielmehr dahingehend, dass der Schaden für den Versicherungsnehmer überraschend, also für ihn...