Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 30.06.2004; Aktenzeichen 7 O 49/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Konstanz vom 30.6.2004 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des LG Konstanz vom 30.6.2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 921,21 EUR nebst 5 % Zinsen seit 16.11.2002 zu zahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen, nimmt die Beklagte, die einen Paketdienst bei OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.4.2005 treibt, überwiegend aus übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut für einen Transport von M. in der Schweiz nach S. in Deutschland in Anspruch. Das LG hat für diesen grenzüberschreitenden Transport unter Anwendung des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) die deutsche Zuständigkeit bejaht und auch im Übrigen diese Vorschriften für die Beurteilung der Haftung der Beklagten zugrunde gelegt. Es hat eine umfassende Haftung der Beklagten wegen qualifizierten Verschuldens gem. Art. 29 CMR bejaht. Mangels Darlegung der Beklagten sei der Schadenshergang völlig im Dunkeln. Zu den plausiblen Anhaltspunkten, welche die Klägerin für gravierende Organisationsmängel vorgetragen habe, habe sich die Beklagte nicht erklärt. Wegen unterlassener Wertdeklaration hat das LG aber eine Mithaftung des Versenders von 15 % angenommen. Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen unter Ergänzung und Vertiefung ihres Vortrags erster Instanz.

Die Beklagte beantragt: das Urteil des LG Konstanz vom 30.6.2004 abzuändern und die Klage abzuändern.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und auf ihre Anschlussberufung das Urteil des LG Konstanz vom 30.6.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.141,41 EUR nebst 5 % Zinsen seit 16.11.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die Anschlussberufung der Klägerin ist begründet.

Zur Berufung der Beklagten:

1. Zutreffend hat das LG die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gem. Art. 31 Nr. 1b des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) bejaht, weil für die Ablieferung ein Ort in Deutschland vorgesehen war.

2. Der Entscheidung sind die Vorschriften des CMR zugrunde zu legen, da für grenzüberschreitende Transporte zwischen den Vertragsstaaten Schweiz und Deutschland zwingend dieses Abkommen und nicht, wie von der Beklagten geltend gemacht, schweizer Recht anzuwenden ist.

3. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf eine fehlende Aktivlegitimation der Klägerin, indem sie ihr insoweit einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz zum Vorwurf macht, als sie aus abgetretenem Recht auch in Höhe des Selbstbehalts des Versenders Schadensersatz beansprucht. Im vorliegenden Fall steht die Einziehung eines im Zusammenhang mit einer Versicherungsleistung auf die Klägerin übergegangenen Anspruchs im Vordergrund, während die Einziehung des Restbetrages für den Versicherungsnehmer durch die Klägerin für sie nur ein untergeordnetes Hilfsgeschäft darstellt. Der Senat schließt sich der Rechtssprechung des OLG Köln an, dass in einem solchen Fall das Versicherungsunternehmen gem. Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz in diesem Umfang erlaubnisfrei tätig werden kann (OLG Köln VersR 2004, 1456; OLG Stuttgart v. 14.1.2004 - 3 U 148/03, OLGReport Stuttgart 2004,401; anders OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.12.2003 - 18 U 265/00). Es entspricht sachgemäßer Abwicklung eines Schadensfalles durch ein Versicherungsunternehmen, das einen Selbstbehalt des Versicherungsnehmers vereinbart hat, insoweit für den Kunden tätig zu werden. Es wäre sachwidrig, wegen dieses geringen Teils den Versicherungsnehmer auf einen gesonderten Rechtsstreit mit dem Verantwortlichen mit gleichen Streitpunkten zu verweisen. Auch unter Praktikabilitätsgründen ist daher jedenfalls bei hier gebotener großzügiger Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes dieser der Vorrang einzuräumen.

4. Abgesehen von Art. 40 CMR, auf den es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt, ist gem. Art. 41 CMR jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen dieses Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung mit der Folge, dass es insoweit auf Einzelheiten der Geschäftsbedingungen der Beklagten ebenso wenig ankommt, wie auf die Frage, ob diese nach schweizer oder deutschem Recht in den Frachtvertrag mit einbezogen wurden. Da es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf ankommt, kann auch dahinstehen, ob Fragen, die nicht im CMR geregelt sind, nach schweizer oder deutschem Recht zu beurteilen wären.

5. Dem LG ist auch darin zu folgen, dass die Beklagte wegen qualifizier...

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