Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung. Anpassung der Miete aufgrund Gleitklausel
Leitsatz (amtlich)
Wesentliche Änderungen eines langfristigen (schriftlichen) Mietvertrages ohne Einhaltung der Schriftform machen diesen zu einem Mietvertrag auf unbestimmte Zeit mit entsprechender Kündigungsmöglichkeit.
Normenkette
BGB § 566
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 29.08.2000 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, den von ihm als Verkaufs- und Herstellungsraum für Nummernschilder genutzten Raum in dem Anwesen C zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, ausgenommen die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts S entstandenen Kosten, die der Kläger zu tragen hat.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 DM abwenden, es sei denn der Kläger leistet vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit. Beide Parteien können die ihnen obliegende Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische, unbedingte unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft eines allgemein als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen.
4. Die Beschwer des Beklagte übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Testamentsvollstrecker über den Nachlass, der am verstorbenen M., nach Kündigung eines Mietvertrages für ein Geschäftslokal dessen Räumung. Der Beklagte macht geltend, die Kündigung sei nicht berechtigt, da ihr die vereinbarte Dauer des Mietvertrages entgegenstehe.
Der Beklagte mietete im Anwesen der Eheleute M. und A. durch Vertrag vom 01.02.1985 einen rund 25 m² großen Raum für eine Prägestelle. Die jährliche Miete wurde mit 4.800,00 DM vereinbart. Die künftige Vereinbarung über die Miethöhe sollte sich nach der Änderung des Lebenshaltungsindex eines Vier-Personen-Haushaltes mittleren Einkommens richten. Der Vertrag wurde „für die Dauer des Verbleibens der Kfz-Zulassungsstelle am gegenwärtigen Standort abgeschlossen”. Zwischen den Parteien ist streitig, ob auch der am 10.05.1985 verstorbene A. den Vertrag selbst unterschrieben hat. Frau M. wurde vom Beklagten für die Betreuung der Prägestelle eingestellt. Später wurde die Miete auf jährlich 6.600,00 DM erhöht. Hierüber gibt es keine schriftliche Vereinbarung. Die Kinder der Eheleute haben nach dem Tode des Vaters die von ihnen geerbten Miteigentumsanteile auf die Mutter übertragen, die damit Alleineigentümerin des Grundstückes wurde. Die am 15.09.1999 verstorbene M. wurde von ihren fünf Kindern beerbt. Der zum Testamentsvollstrecker eingesetzte Kläger hat den bestehenden Mietvertrag mit Schreiben vom 22.12.1999 gekündigt.
Er hat geltend gemacht, die vereinbarte Mietdauer verstoße gegen das AGBG. Auch sei die Schriftform des § 566 BGB nicht eingehalten, da A. den Mietvertrag nicht unterschrieben habe und die spätere Mietanpassung nicht schriftlich erfolgt sei. Deshalb gelte der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen mit der Folge, dass er jederzeit kündbar sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, den von ihm mit einem Verkaufs- und Herstellungsraum für Nummernschilder belegten Grundstücksanteil an dem Anwesen C. zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Mietvertrag sei damals von beiden Eheleuten unterschrieben worden, über die Vertragsdauer sei ausdrücklich gesprochen worden, diese habe an das Bestehen der Kfz-Zulassungsstelle gebunden sein sollen. Vor Ablauf einer Vertragsdauer von 30 Jahren könne der Mietvertrag nicht gekündigt werden.
Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf das Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Er ergänzt sein Vorbringen zur Nichteinhaltung der Schriftform und verweist insbesondere darauf, dass eine spätere wesentliche Vertragsänderung nicht schriftlich, sondern mündlich vereinbart worden sei, so dass nach der Rechtsprechung auch der frühere schriftliche Mietvertrag formungültig und mit gesetzlicher Frist kündbar geworden sei. Im Übrigen sei die Schriftform ursprünglich schon deshalb nicht eingehalten worden, weil Inhalt des Mietvertrages gleichzeitig auch der Einstellungsvertrag mit Frau M. gewesen sei. Dieser Teil der Absprache sei aber nicht schriftlich fixiert worden, was insgesamt zur Nichteinhaltung der Schriftform führe.
Der Kläger beantragt,
auf seine Berufung das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 29.08.2000 abzuändern und den Beklagten entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Schriftform sei eingehalten. Spätere Änderungen durch Anpassung der Miete hätten nicht schriftlich vereinbart werden müssen. Die Beschäftigung von Frau M. sei nicht an den Abschluss des Mietvertrages gekoppelt worden. Der bei Abschlu...