Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 11.08.2000; Aktenzeichen 2 HO 48/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz vom 11.08.2000 (2 HO 48/00) wie folgt geändert:
Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr in periodisch erscheinenden Druckwerken, insbesondere in der Tageszeitung … das Inserat
„Schlank und Fit in den Sommer
Englische Wissenschaftler entdecken sensationellen Bio-Schlank-Stoff
80 % Fett weg in 3 Wochen”
insbesondere in folgender Form:
zu veröffentlichen.
- Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, angedroht.
II. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits – in beiden Instanzen – zu tragen.
Abgekürztes Urteil gem. § 543 Abs. 1 ZPO.
Tatbestand
I.
Am 13.06.2000 erschien in der von der Verfügungsbeklagten (künftig: Beklagten) verlegten Tageszeitung … die im Tenor wiedergegebene Anzeige „Schlank und Fit in den Sommer”.
Der Verfügungskläger (künftig: Kläger) forderte die Beklagte auf, eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung abzugeben. Nachdem diese auf die Aufforderung nicht reagierte, beantragte der Kläger eine auf die Unterlassung der Veröffentlichung von Anzeigen, „in denen Lebensmittel mit dem Hinweis auf deren schlankmachende bzw. gewichtsreduzierende Wirkung angepriesen werden”, gerichtete einstweilige Verfügung. Dabei erstrebte der Kläger insbesondere die Unterlassung der Veröffentlichung der Anzeige vom 13.06.2000 „Schlank und Fit in den Sommer”.
Das Landgericht Konstanz hat den Antrag durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen.
Mit der Berufung wird der Unterlassungsantrag weiterverfolgt, allerdings eingeschränkt auf das mit der Antragsschrift unter Anlage A 4 konkret bezeichnete Inserat „Schlank und Fit in den Sommer”.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
1.
a)
Bedenken gegen die Prozeßführungsbefugnis des klagenden Verbandes bestehen nicht. Der Fall gibt keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt 4 U 45/00 und 4 U 110/00) abzurücken, nach der der Kläger zu den nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten Verbänden gehört. Im Übrigen wird insoweit Bezug genommen auf die Darlegungen des Klägers in der Antragsschrift vom 04.07.2000 (I 3–27). Von der Beklagten wurden weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsrechtszug substantiierte Einwendungen hiergegen vorgebracht.
b)
Gegen die Zulässigkeit der Berufung spricht auch nicht, daß der Antrag gegenüber demjenigen in der Antragsschrift vom 04.07.2000 abgeändert wurde.
Der neugefaßte Antrag ist präziser, beschränkt sich auf einen konkreten Einzelfall und ist unbedenklich zulässig. Durch die Neufassung des Antrags wurde vielmehr Bedenken zuvorgekommen, die gegen den zunächst formulierten Antrag hätten geltend gemacht werden können.
2.
Die Berufung ist auch begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.
a)
Mit dem Kläger geht der Senat davon aus, daß die streitgegenständliche Werbung wettbewerbswidrig ist. Auch die Beklagte hat schriftsätzlich nicht für sich in Anspruch genommen, daß die von ihr veröffentlichte Werbeanzeige inhaltlich nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Sie hat hierzu bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat „ausdrücklich keinerlei Stellung bezogen” (II 97).
aa)
In der streitgegenständlichen Werbung werden „Bio-Schlank-Kapseln” angeboten, die massiv auf den Stoffwechsel des Körpers einwirken sollen. Daher handelt es sich bei dem beworbenen Produkt um ein Arzneimittel (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG), das der Zulassung bedarf, über die es unstreitig nicht verfügt (§ 21 AMG). Für nicht zugelassene Arzneimittel darf jedoch nicht geworben werden (§ 3 a HWG).
bb)
Die Werbung ist auch täuschend im Sinne von § 3 UWG, § 3 HWG. Der Kläger hat nicht nur geltend gemacht, die in der Werbeanzeige genannten Wirkungsbehauptungen seien schlicht erfunden und dienten lediglich dazu, gutgläubige Kunden anzulocken. Vielmehr liegt der täuschende Inhalt der Werbeanzeige auf der Hand, da auch einem flüchtigen kritischen Leser sich ohne weiteres erschließt, daß es schlechterdings unmöglich ist, 80 % des in einem menschlichen Körper enthaltenen Fetts – ohne Rücksicht auf dessen Menge – innerhalb von 3 Wochen durch Stoffwechselvorgänge, die noch dazu unschädlich sein sollen, zu beseitigen. Diese Wirkungsbehauptung in der streitgegenständlichen Anzeige kann – entgegen der von der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht – nicht einmal als diskussionswürdig erachtet werden.
cc)
Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die Werbung auch gegen § 6 Abs. 1 der Nährwertkennzeichnungsverordnung oder § 21 a der Diätverordnung in der ab 21.05.1999 gültigen Fassung verst...