Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufklärungspflicht bei Wertpapierkäufen bei Direktbank
Leitsatz (amtlich)
1. Ziff. 7 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte dient dem Sicherungsinteresse der kreditgebenden Bank, schützt jedoch nicht den Bankkunden vor risikoreichen Geschäften.
2. Ein Bankkunde, der über langjährige und umfangreiche Erfahrungen mit Wertpapieren aller Art verfügt, bedarf beim Direktbankgeschäft keiner gesonderten Aufklärung über das Risiko kreditfinanzierter Wertpapierkäufe.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; WpHG § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 8 O 296/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 8.5.2002 – 8 O 296/01 – wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.087,83 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
I. Die Klägerin, eine Direktbank, verlangt von dem Beklagten Ausgleich eines Sollsaldos auf einem Kontokorrentkonto. Hiergegen rechnet der Beklagte mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch auf und verlangt weitere Zahlung im Wege der Widerklage.
Der Beklagte eröffnete bei der Klägerin im Juni 1997 ein Kontokorrent- und ein Kreditkonto. Vertragsbestandteil wurden die allgemeinen Geschäfts- und Sonderbedingungen der Klägerin. Über das Kontokorrentkonto wurden sowohl Wertpapiergeschäfte, welche die Klägerin nach ihren Geschäftsbedingungen als Kommissionärin ausführte, als auch sonstige Überweisungen abgewickelt. In einem persönlichen Analysebogen vom Juni 1997 gab der Beklagte an, dass er hohe Erfahrungen bei Aktien, Renten, Investmentfonds, Optionsscheinen und sonstigen Wertpapieren besitze. Die Frage, ob er bislang Wertpapiergeschäfte durch Aufnahme von Krediten finanziert habe, beantwortete er mit „ja, aber wenig”. Am 27.9.2000 befanden sich im Depot des Beklagten 1.500 Softmatic-Aktien und 200 B.-Aktien mit einem Gesamtwert von knapp 60.000 DM. Das Kreditkonto wies zu diesem Zeitpunkt einen Sollsaldo von 27.232,41 DM und das Girokonto ein Guthaben von 4.047,96 DM auf. Durch den weiteren Zukauf von Softmatic-Aktien bis Anfang November 2000 erhöhte sich der Sollsaldo und das Gesamtvermögen reduzierte sich wegen fallender Aktienkurse auf 7.467,30 DM. Am 19.3.2001 kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung mit dem Beklagten zum 18.4.2001. Der Kontokorrentabschluss zum 7.5.2001 ergab eine unstreitige Forderung der Klägerin von 31.185,93 DM. Hiergegen rechnet der Beklagte mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch auf. Die Klägerin hätte am 27.9.2000 einen Kaufstopp verhängen müssen. Dadurch hätte er sein damals noch vorhandenes Kapital von über 36.000 DM nicht verloren, wobei er sich ein Mitverschulden von 30 % anrechnen lasse. Zudem habe die Klägerin die Zwangsverkäufe der Aktien zu verantworten, weshalb ihr nur 30 % der von ihr geltend gemachten Forderung – also 9.355,77 DM – zustehe.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, weshalb die Klägerin nur 30 % ihrer Forderung verlangen könne, da über das Girokonto nicht nur Wertpapiergeschäfte getätigt worden seien und nicht ersichtlich sei, dass die Kreditinanspruchnahme geringer ausgefallen wäre, wenn die Aktien nicht verkauft worden wären. Eine Pflichtverletzung der Klägerin liege nicht vor, da sie nach Ziff. 7 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte lediglich berechtigt gewesen sei, Kaufverträge abzulehnen, wenn das Guthaben nicht ausreiche. Eine Pflicht zur Zurückweisung eines Kaufauftrags ergebe sich hieraus aber nicht. Über die Beleihungsrichtlinien oder die Risiken der Kreditaufnahme bei Wertpapiergeschäften habe die Beklagte nicht weiter gehend aufklären müssen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Zur Begründung führt er aus, dass er die Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren nicht erhalten habe. Nach Ziff. 7 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte sowie gem. § 31 WpHG sei die Klägerin verpflichtet gewesen, ihre Dienstleistungen mit der erforderlichen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Kunden zu erbringen. Daraus folge, dass eine tägliche Unterrichtung über die Beleihungswerte der im Depot befindlichen Wertpapiere hätte erfolgen müssen. Zudem hätte er über die Risiken des Wertpapierkredits aufgeklärt werden müssen. Vor jedem einzelnen Geschäft hätte eine Beratung stattfinden müssen, inwieweit das Wertpapier geeignet sei, den Kredit künftig zurückzuführen. Schließlich seien die auf Kredit getätigten Wertpapiergeschäfte gem. § 53 BörsG a.F....