Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 28.10.2013; Aktenzeichen 12 O 145/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Freiburg vom 28.10.2013 im Kostenausspruch aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einseitig gesockelte Kompaktleuchtstofflampen mit einer Leistung von bis zu 30 Watt mit einer Menge von mehr als 3,5 mg Quecksilber je Brennstelle in Verkehr zu bringen.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gem. Ziff. 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht mehr als 2 Jahren, angedroht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 20.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten bezogen auf von dieser angebotene Energiesparlampen geltend.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches für den Sach- und Streitstand erster Instanz sowie die der Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG nach Beweiserhebung der Unterlassungsklage stattgegeben, da der Quecksilbergehalt von auf Veranlassung der Beklagten selbst durch das Institut F. untersuchten Kompaktleuchtstofflampen ihrer Eigenmarke in 2 Fällen den nach § 5 Elektrogesetz i.V.m. dem Anhang der RiLi 2002/95/EG im Jahr 2012 maßgeblichen Grenzwert von 3,5 mg je Brennstelle überschritten habe, die Verpflichtung zur Einhaltung dieses Grenzwerts als Marktverhaltensregel im Sinn des § 4 Nr. 11 UWG anzusehen sei und sich aus der Grenzwertüberschreitung und dem unstreitig für Grenzwertüberschreitungen anfälligen Produktionsverfahren der Beklagten die Erstbegehungsgefahr bezüglich spürbarer Verstöße im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG ergebe ...

Gegen diese Bewertung wendet sich die Beklagte in 2. Instanz ...

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil ...

II. Die zulässige Berufung ist bezüglich Ziff. 1 des Tenors unbegründet (A), insoweit der Urteilstenor allerdings entsprechend dem Berufungsantrag zu korrigieren (B).

Bezüglich Ziff. 3 des Tenors ist die Berufung begründet (C).

A) Zutreffend hat das LG den im Jahr 2012 geltenden Grenzwert von 3,5 mg (1) als Marktverhaltensregel qualifiziert (2) und aufgrund nicht zu beanstandender Feststellungen die Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß hiergegen als nachgewiesen erachtet (3).

1. Die - zutreffende - Feststellung des für das Jahr 2012 maßgeblichen Grenzwertes von 3,5 mg gem. § 5 Abs. 2 ElektroG i.V.m. der RiLi 2011/65/EU, Anhang III, als maßgeblicher Neufassung der RiLi 2002/95/EG - Ziff. 1 der Urteilsgründe - wird mit der Berufung nicht mehr angegriffen.

2. Dieses Stoffverbot ist mit dem LG als Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG zu qualifizieren. Die umfänglichen Ausführungen in der Berufungsbegründung zur nicht festgestellten konkreten Gesundheitsgefährdung durch einen über dem Grenzwert liegenden Quecksilbergehalt gehen an der Sache vorbei. Maßgeblich ist die gesetzgeberische Intention für das Stoffverbot. Diese beschränkt sich keineswegs auf abfallwirtschaftliche Ziele. Schon in Artikel 1 "Ziele" der RiLi 2002/95/EG wird der Gesundheitsschutz neben der umweltgerechten Entsorgung als maßgebliches Anliegen genannt. Der Ersetzungsvorbehalt in Abs. 3 des Art. 4 "Vermeidung" postuliert für Ersatzstoffe mindestens das gleiche Schutzniveau für den Verbraucher. Die besondere Bedeutung des Gesundheitsschutzes wird darüber hinaus in den Erwägungen für den Erlass der RiLi mehrfach betont, so besagt insbesondere die Erwägung Nr. 8 Satz 2, dass die Maßnahmen der Richtlinie erforderlich sind, "um das angestrebte Niveau des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier und der Umwelt sicherzustellen". Entsprechendes findet sich in der Neufassung durch die RiLi 2011/65/EU u.a. sowohl in den Erwägungen Nr. 2, 5, 7 und 8 wie auch in Art. 1 und 5. Dem Stoffverbot kommt daher eine verbraucherschützende Wirkung zu, weshalb es i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG das Marktverhalten regelt (BGH, GRUR 2010, 754; OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.07.2014 - 6 U 148/13; Lustermann: Das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz - Anwendungsprobleme in der Praxis, NJW 2006, 3097).

Dem steht nicht entgegen, dass in früheren Jahren höhere Grenzwerte galten und für Lampen mit einer Leistung von mehr als 30 W noch gelten. Zu Recht hat der Kläger hierzu darauf hingewiesen, dass die zeitlich abgestuften Grenzwerte sich als Übergangsregelung zugunsten der Hersteller versteh...

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