Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständiges Beweisverfahren - Beendigung/Kostenentscheidung
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2 analog, § 494a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 24.04.2008; Aktenzeichen 4 OH 27/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 24.4.2008 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin zu 1.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Insolvenzschuldnerin betreibt - nach erstinstanzlich erfolgloser Inanspruchnahme der Bauherren (Antragsgegner zu 13. und 14. und zugleich Streitverkündete) auf Restwerklohn (LG Koblenz - 4 O 135/05 -) - das vorliegende selbständige Beweisverfahren gegen die Subunternehmer (Antragsgegner zu 1. bis 12. und 15.). Das LG hat mit Beschluss vom 28.9.2006 (Bl. 55 ff. GA) die sachverständige Begutachtung der von der Insolvenzschuldnerin beschriebenen und jeweils dem Verantwortungsbereich der einzelnen Subunternehmer zugeordneten Mängelrügen angeordnet; nach Einzahlung des Vorschusses wurden die Akten an den Sachverständigen versandt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.4.2007 kündigte der Antragsteller eine Prüfung der "Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens" an (Schriftsatz vom 5.4.2007; Bl. 68 GA) und bat das LG "zunächst nichts weiter zu veranlassen" (Vermerk vom 9.5.2007; Bl. 71 GA). Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1. setze das LG dem Antragsteller mit Beschluss vom 21.2.2008 (Bl. 79 ff. GA) eine Frist zur Klageerhebung. Der Antragsteller bat daraufhin um "Übersendung des Gutachtens" sowie um Fristverlängerung (Schriftsatz vom 17.3.2008; Bl. 84 GA); das Gesuch wurde vom LG "wegen Nichtbetreibens des Verfahrens nach der Insolvenzeröffnung" als erledigt angesehen (Vermerk Bl. 83 Rs. GA).
Auf entsprechenden Antrag hat das LG mit Beschluss vom 24.4.2008 (Bl. 88/89 GA) ausgesprochen, dass der Antragsteller die der Antragsgegnerin zu 1. im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen hat; hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 11.6.2008 (Bl. 95 ff. GA).
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 494a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg.
Die Voraussetzungen für eine isolierte Kosten(grund)entscheidung im selbständigen Beweisverfahren liegen - noch - nicht vor.
1. Die Vorschrift des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO kann nicht herangezogen werden.
Allerdings ist das selbständige Beweisverfahren, wie das LG zutreffend erkannt hat, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht unterbrochen worden (vgl. BGH NJW 2004, 1388 [1389]); der Insolvenzverwalter (Antragsteller) ist kraft Amtes Beteiligter des Verfahrens geworden.
Die Regelung des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners nach Beendigung der Beweiserhebung eine Frist zur Klageerhebung gesetzt worden ist. Daran fehlt es hier. Die vom LG angeordnete sachverständige Begutachtung steht noch aus; eine Frist zur Klageerhebung konnte daher nicht wirksam gesetzt worden (vgl. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 494a Rz. 8; s. auch BGH NJW-RR 2003, 454 [unstreitige Mängelbeseitigung]).
2. Auch die vom LG im Nichtabhilfebeschluss hilfsweise erwähnte entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO (vgl. dazu BGH MDR 2005, 227 [228]; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 821; OLG München NJW-RR 2001, 1439 f.; Herget in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 91 Rz. 13 "selbständiges Beweisverfahren") rechtfertigt eine Kostenentscheidung im - noch anhängigen - selbständigen Beweisverfahren nicht. Der Antragsteller hat den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens weder zurückgenommen noch von der Fortsetzung der Beweisaufnahme respektive einer nachfolgenden Hauptsacheklage unmissverständlich Abstand genommen. Die Klärungsbedürftigkeit der gegenständlichen Beweisfragen besteht vielmehr ersichtlich fort.
Der Antragsteller hatte sich bei verständiger Würdigung zunächst eine Entscheidung über die "Aufnahme" (Fortsetzung) des selbständigen Beweisverfahrens vorbehalten; die nach der Vorschusseinzahlung bereits beauftragte Begutachtung war daraufhin "angehalten" worden (Verfügung vom 9.5.2007; Bl. 71 GA). Nachfolgend hat der Antragsteller sodann ausdrücklich um "Übersendung des Gutachtens" gebeten (Schreiben vom 17.3.2008; Bl. 84 GA); in der Beschwerdebegründung hat er seinen Wunsch nach Fortsetzung der Beweisaufnahme bekräftigt. Der bloße - zeitweise - Nichtbetrieb des Verfahrens kann nicht als Antragsrücknahme aufgefasst werden.
Fundstellen
Haufe-Index 2122236 |
OLGR-West 2009, 221 |