Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verzugszinsen im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger
Leitsatz (amtlich)
Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 645 ff. ZPO) können keine Verzugszinsen festgesetzt werden, weil das auf größtmögliche Beschleunigung ausgerichtete Verfahren eine Schlüssigkeitsprüfung dahin, ob, ggf. ab wann und in welchem Umfang Verzugszinsen zuzusprechen sind, nicht vorsieht.
Normenkette
ZPO § 645 ff.
Verfahrensgang
AG Simmern (Beschluss vom 09.12.2004; Aktenzeichen 5 FH 48/04) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Simmern v. 9.12.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, dass die Rechtspflegerin es in dem angefochtenen Beschluss abgelehnt hat, im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger Verzugszinsen festzusetzen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die Beschwerde des Antragstellers ist zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Es handelt sich um eine Beschwerde nach § 652 ZPO. Die Bestimmung des § 646 Abs. 2 S. 3 ZPO, wonach die Zurückweisung eines Antrags auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nicht anfechtbar ist, gilt nach allgemeiner Meinung nur für den Fall einer vollständigen Zurückweisung des Antrags, nicht aber, wenn - wie hier - der Antrag teilweise zurückgewiesen wurde, im Übrigen aber eine Festsetzung erfolgt ist (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 652 Rz. 4; Johannsen/Henrich/Vosskuhle, Eherecht, 4. Aufl., § 652 ZPO Rz. 3). Andernfalls käme es zu einer Aufsplitterung der Zuständigkeiten, falls beide Parteien Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Rechtspflegers einlegen. Über die sofortige Beschwerde des Antragsgegners nach § 652 ZPO hätte das OLG zu befinden, während der Rechtsbehelf des Antragstellers als Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RpflG (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 652 Rz. 4, § 646 Rz. 13 und § 652 Rz. 6; Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 652 Rz. 1; OLG Zweibrücken FamRZ 2004, 1796, m.w.N.) der Entscheidung des FamG unterfiele.
2. Die Rechtspflegerin hat es zu Recht abgelehnt, die beantragten Verzugszinsen festzusetzen. Das Gesetz sieht in §§ 645 ff. ZPO lediglich die Festsetzung laufenden und rückständigen Unterhalts (§ 646 Abs. 1 Nr. 4 - 6 ZPO) sowie der im Verfahren entstandenen erstattungsfähigen Kosten (§ 649 Abs. 1 ZPO) vor; von der Möglichkeit der Festsetzung von Zinsen ist nicht die Rede. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/7338) enthält keinen Hinweis hierauf. Dementsprechend ist in dem vom Bundesministerium der Justiz erstellten (BGBl. I 2001, 3843 ff.) und vom Antragsteller - mit Ausnahme der Sozialhilfeträger und Unterhaltsvorschusskassen (§ 1 Abs. 2 VordruckVO) - gem. § 657 S. 2 ZPO zwingend zu verwendenden Vordruck weder eine Rubrik für die Beantragung einer Verzinsung ausgewiesen, noch ist im beigefügten Merkblatt und den Ausfüllhinweisen eine solche Möglichkeit erläutert. Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass Gründe der Prozessökonomie dafür sprechen könnten, dessen ungeachtet im vereinfachten Verfahren zugleich mit der Hauptforderung auch Verzugszinsen festzusetzen, um den Aufwand für ein weiteres Mahn- oder Klageverfahren zu vermeiden, zumal Zinsen als Nebenforderungen üblicherweise zugleich mit der Hauptforderung gerichtlich geltend gemacht werden können. Jedoch ist das Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO hierfür nicht geeignet. Es ist auf größtmögliche Vereinfachung und Beschleunigung ausgerichtet, weshalb es in weitem Umfang formalisiert ist und den Rechtspfleger von wertenden Beurteilungen freistellt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/7338, 37) soll aus diesem Grund eine inhaltliche Schlüssigkeitsprüfung nicht stattfinden, weshalb z.B. Einwendungen des Unterhaltsschuldners nur daraufhin zu überprüfen sind, ob sie in zulässiger Weise erhoben sind, nicht aber auf deren unterhaltsrechtliche Stichhaltigkeit (vgl. §§ 649-651 ZPO). Damit unvereinbar wäre es, wenn der Rechtspfleger im vereinfachten Verfahren klären müsste, ob
- über den Gesetzeswortlaut hinaus Nebenforderungen überhaupt zuerkannt werden können und wo die Grenzen hierfür zu ziehen sind (auch sonstige Schadensersatzansprüche, wie etwa die Kosten wiederholter Mahnungen, kommen als Nebenforderungen in Betracht);
- eine ordnungsgemäße Mahnung vorliegt, ob z.B. die Rechtswahrungsanzeige nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UVG oder die Aufforderung zur Auskunft nach § 1613 Abs. 1 BGB als Mahnung i.S.d. § 286 Abs. 1 BGB ausreichen oder Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ohne Mahnung eingetreten ist (vgl. hierzu DIJuF-Rechtsgutachten v. 30.4.2002, JAmt 2002, 251 f. und DIJuF-Rechtsgutachten v. 12.11.2001, JAmt 2002, 69 f., 70);
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