Leitsatz (amtlich)
Ergibt die Auslegung einer „Erinnerung” gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, dass die Partei sich sowohl gegen den gerichtlichen Kostenansatz als auch gegen die festgesetzten Anwaltskosten wendet, hat der Rechtspfleger zunächst eine Entscheidung des Gerichts nach § 5 Abs. 1 S. 1 GKG herbeizuführen. Erst danach ist darüber zu befinden, ob der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (im Übrigen) abgeholfen werden muss.
Normenkette
ZPO § 103; GKG § 5; RPflG § 11; RpflG § 21; BGB § 157
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 9 O 50/01) |
Tenor
1. Der Nichtabhilfebeschluss des LG Mainz vom 15.4.2002 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung über die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz an das LG Mainz zurückgegeben.
Gründe
Nachdem das LG der Beklagten in einer als Teil-, End- und Anerkenntnisurteil bezeichneten Entscheidung die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt hatte, sind auf Antrag der Kläger gegen die Beklagte u.a. drei Gerichtsgebühren (1210 KV Anlage 1 zum GKG) festgesetzt worden.
Mit ihrer Erinnerung rügt die Beklagte unter anderem, insgesamt habe ein Anerkenntnisurteil ergehen müssen, was die Gebühr ermäßigt hätte (Nr. 1211 lit. b KV Anlage 1 zum GKG). Wegen unrichtiger Sachbehandlung seien daher die darüber hinausgehenden Gerichtskosten niederzuschlagen (§ 8 GKG).
Ohne auf diese Rüge einzugehen, hat die Rechtspflegerin „der als Erinnerung bezeichneten sofortigen Beschwerde” nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das war verfrüht. Die Rechtspflegerin hat das wahre Ziel der Erinnerungsrügen der Beklagten verkannt:
Auch die prozessualen Erklärungen einer Partei sind entsprechend dem erkennbar Gewollten auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Da es sich bei der Kostenfestsetzung um ein dem Rechtspfleger übertragenes Geschäft handelt (§ 21 Nr. 1 RpflG), findet gegen seine Entscheidung das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässige Rechtsmittel statt. Das ist nach § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO die sofortige Beschwerde. Vor diesem Hintergrund musste bereits die Erklärung, gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss werde „Erinnerung” eingelegt, Zweifel daran wecken, ob eine sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO beabsichtigt war.
Spätestens die Begründung der „Erinnerung”, zu Unrecht seien drei volle Gerichtsgebühren festgesetzt worden, ergibt, dass die Beklagte sich in erster Linie gegen den gerichtlichen Kostenansatz wendet.
Hierfür sieht das Gesetz in § 5 Abs. 1 S. 1 GKG die Erinnerung vor, über die das Gericht (nicht der Rechtspfleger) entscheidet. Da die Erinnerung nach § 5 GKG vorgreiflich ist und die Erinnerungsentscheidung mit der (gebührenfreien!) Beschwerde anfechtbar ist (§ 5 Abs. 2 S. 1 und Abs. 6 S. 1 GKG) hätte die Rechtspflegerin die Sache daher zunächst der Kammer zur Entscheidung über den mit der Erinnerung verfolgten Antrag auf Niederschlagung eines Teils der Gerichtskosten (§ 8 GKG) vorlegen müssen. Das insoweit Versäumte ist daher nachzuholen.
Das führt derzeit jedoch nur zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin. Denn je nach Ausgang des Erinnerungsverfahrens gegen den Kostenansatz hat der hierauf gegründete Kostenfestsetzungsbeschluss Bestand oder ist von Amts wegen zu ändern.
Hinzu kommt, dass es sich bei der „Erinnerung” zugleich auch um eine sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO handelt, soweit die Beklagte sich gegen die Festsetzung anwaltlicher Gebühren wendet. Auch hierüber kann der Senat jedoch noch nicht entscheiden, weil dies eine auch in der Kostenfestsetzung unzulässige Teilentscheidung (§ 301 ZPO) wäre.
Sollte die gerichtliche Entscheidung über die Erinnerung nach § 5 GKG ergeben, dass die Grundlage des Kostenfestsetzungsbeschlusses Bestand hat, wird die Rechtspflegerin erneut über die Abhilfe im Übrigen befinden müssen. Erst dann ist eine Sachentscheidung des Senats veranlasst.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt, weil der Senat keine Beschwerdeentscheidung getroffen hat.
Weller
Fundstellen
Haufe-Index 1107758 |
AGS 2002, 285 |
NJOZ 2002, 1711 |