Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung eines Verfahrens auf Aufhebung einer einstweiligen Anordnung und eines über den Gegenstand einer einstweiligen Anordnung zu führenden Hauptsacheverfahrens.

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1666a; FamFG § 52 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 1-2, § 69 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Mayen (Aktenzeichen 8c F 221/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 04.07.2019, Aktenzeichen 8c F 221/19, aufgehoben und das Verfahren insoweit zur weiteren Sachaufklärung und Bearbeitung an das Amtsgericht - Familiengericht - Mayen zurückverwiesen.

Von einer Erhebung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren wendet sich die Kindesmutter gegen die Zurückweisung ihres Antrags, den im Wege einer einstweiligen Anordnung vom 31.01.2019 ohne Anhörung erfolgten Entzug der ihr bis dahin vollständig allein zustehenden elterlichen Sorge für das betroffene Kind J. geb. am ...2013, in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Antragstellung auf Hilfen zur Erziehung aufzuheben.

Auf die vorgenannte einstweilige Anordnung hin hatte die Kindesmutter mit am 27.06.2019 beim Familiengericht eingegangenen Schriftsatz gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens beantragt mit dem Ziel, den mit der Eilentscheidung vom 31.01.2019 erfolgten Teilsorgerechtsentzug aufzuheben. Dieses Begehren hat das Familiengericht mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 04.07.2019 mit Ausnahme der Verwertung der Erkenntnisse aus den bisherigen Verfahren und aus Parallelverfahren ohne weitere Ermittlungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die von der Kindesmutter im Schriftsatz vom 27.06.2019 vorgetragenen Gründe in keiner Weise die Aufhebung der einstweiligen Anordnung gebieten. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die Kindesmutter nunmehr in der Lage sein soll, die Kindeswohlgefährdung, welche zur Eilmaßnahme geführt habe, abzuwenden. Ihr Antrag sei auch vor dem Hintergrund unverständlich, dass die Kindesmutter sich ausweislich der Stellungnahme des Jugendamts vom 12.06.2019 im Umgangsverfahren 8c F ... mit den aktuellen Regelungen im Rahmen eines Hilfeplangesprächs einverstanden erklärt habe. Folglich sei die Aufrechterhaltung der mit Beschluss vom 31.01.2019 im Verfahren 8c F 45/19 getroffenen kinderschutzrechtlichen Maßnahme weiterhin geboten.

Die Kindesmutter rügt eine verfahrensfehlerhafte Entscheidungsfindung. Weder habe das Familiengericht gemäß § 155 Abs. 2 FamFG einen Termin zur Erörterung mit den Beteiligten durchgeführt noch gemäß § 159 Abs. 2 FamFG das betroffene Kind angehört. Auch sei entgegen § 158 Abs. 1 FamFG ein Verfahrensbeistand nicht bestellt worden. Das Gericht begründe seine Entscheidung ohne Sachverhaltsaufklärung und stütze sich auf seine Erwägungen in dem summarischen eA-Verfahren. Es wäre demgegenüber ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen und auch ein abschließender Befundbericht der D.-Klinik liege nicht vor.

Das Jugendamt, welches zugleich Ergänzungspfleger ist, verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und zulässige Beschwerde der Mutter hat in der Sache jedenfalls einen vorläufigen Erfolg.

Der Senat entscheidet dabei gemäß § 32 Abs. 1 FamFG ohne Erörterungstermin und ohne persönliche Anhörung der Beteiligten, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Wie im Hinweis vom 28.08.2019 ausgeführt, waren die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache dem Familiengericht zurückzugeben.

1. Es liegt zwar aufgrund des SEK-Einsatzes am 21.01.2019 in der Wohnung von Mutter und Kind und der aus diesem gewonnenen Erkenntnisse (Bl. 69 ff. d.A.) nahe, dass die Kindesmutter in den Bereichen, in welcher ihr mittels einstweiliger Anordnung vom 31.01.2019 die bis dahin von ihr allein ausgeübte elterliche Sorge entzogen wurde, gemäß §§ 1666, 1666a BGB nicht geeignet ist, ihre elterliche Verantwortung für J. auszuüben.

Die angefochtene Entscheidung kann aber keinen Bestand haben, weil sie verfahrensfehlerhaft unter Nichteinbeziehung zwingend am Verfahren zu Beteiligender und somit ohne ausreichende Sachverhaltsermittlungen ergangen ist.

2. Vorliegend könnte bereits zweifelhaft sein, ob das Familiengericht den Inhalt des mit Schriftsatz vom 27.06.2019 gestellten Antrags zutreffend erfasst hat. Zwar lautet dieser auf Aufhebung des am 31.01.2019 im Eilverfahren erlassenen Beschlusses. Die Kindesmutter hat aber keinen Antrag nach § 54 Abs. 1, 2 FamFG gestellt, sondern beruft sich ausdrücklich auf die Vorschrift des § 52 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Diese ermöglicht als Folge, dass es sich beim eA-Verfahren in Familiensachen wie im einstweiligen Rechtsschutz nach der ZPO um ein selbstständiges und von der Hauptsache unabhängiges Verfahren handelt, angelehnt an § 926 ZPO...

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