Verfahrensgang
AG Idar-Oberstein (Beschluss vom 30.09.2003; Aktenzeichen 8 F 99/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG - FamG - Idar-Oberstein vom 30.9.2003 abgeändert.
Auf die Erinnerung der Staatskasse wird die Kostenfestsetzung vom 4.12.2002 dahin abgeändert, dass die an die Rechtsanwältin S. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung gem. § 123 BRAGO auf 661,30 Euro festgesetzt wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach § 128 Abs. 4 ZPO zulässige Beschwerde der Staatskasse ist begründet.
Die Rechtspflegerin hat der Prozessbevollmächtigen der Antragsgegnerin die Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO zu Unrecht zuerkannt, da Prozesskostenhilfe für den abgeschlossenen Vergleich weder von der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin beantragt noch vom AG bewilligt worden ist.
Zwar erstreckt sich nach § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache auch auf den Abschluss eines Vergleichs, der - neben weiteren im Einzelnen aufgeführten Folgesachen - die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betrifft. Die Regelung anderer vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen den Ehegatten wird hiervon allerdings nicht umfasst (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rz. 39). Um einen Vergleich im güterrechtlichen Sinn handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung vom 15.5.2002 geschlossenen Vergleich aber nicht.
Die Parteien haben am 15.5.2002 vereinbart, dass die Antragsgegnerin das Darlehen der Parteien bei der CC-Bank alleine tilgt und den Antragsteller insoweit im Innenverhältnis freistellt, während der Antragsteller das Darlehen der Parteien bei der Citibank alleine zurückzahlt und seinerseits insoweit die Antragsgegnerin im Innenverhältnis freistellt. Hiermit wurden keine güterrechtlichen, sondern lediglich sonstige vermögensrechtliche Regelungen getroffen.
Zu den güterrechtlichen Ansprüchen gehören bei Ehegatten, die wie die Parteien im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, solche Ansprüche, die mit dem Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns zusammenhängen (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621 Rz. 59). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Offensichtlich - dies lässt sich auch aus den bei den Akten befindlichen Beiheften zur Prozesskostenhilfe ersehen - hatten beide Parteien bei Beendigung des Güterstands kein positives Endvermögen (§ 1375 BGB). Daraus folgt zugleich, dass keiner der Eheleute einen Zugewinn in der Ehe erzielt hat (§ 1373 BGB); ein Zugewinnausgleichsanspruch (§ 1378 BGB) besteht folglich nicht. Durch den Vergleich konnten damit keine güterrechtlichen Ansprüche geregelt werden.
Vielmehr betraf die Vereinbarung vom 15.5.2002 Ansprüche der Parteien, die zwar - ebenso wie der Anspruch auf Zugewinnausgleich - aus der gemeinsamen Lebensführung herrührten, die aber allein mit dem Ausgleich der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Ehegatten untereinander aus den gemeinsam aufgenommenen Bankdarlehen zusammenhingen. Der Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB ist jedoch vom ehelichen Güterrecht unabhängig; eine Abrede der Parteien über den Ausgleich ist kein Ehevertrag und ein entsprechender Anspruch keine Familiensache (Bernreuther in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 621 Rz. 107; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 621 Rz. 25; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621 Rz. 63, je m.w.N.; ebenso Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rz. 39).
Hieran vermag auch der Hinweis der Amtsrichterin auf die Entscheidung des BayObLG vom 19.8.1983 (BayObLG v. 19.8.1983 - AllgReg. 29/83, FamRZ 1983, 1248) nichts zu ändern. Unabhängig davon, ob dieser Entscheidung grundsätzlich zu folgen ist, stützt sie den Standpunkt der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin schon deshalb nicht, weil es dort heißt, dass eine Familiensache (auch) dann vorliegt, wenn die gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten im Innenverhältnis ihre Ausgleichsansprüche formgerecht regeln und dadurch der Güterstand berührt werden kann. Letzteres ist vorliegend nicht der Fall, da güterrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den Parteien - wie oben dargelegt - unzweifelhaft weder bestanden noch bestehen.
Hiernach hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin lediglich folgende Gebühren verdient:
Prozessgebühr, §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (Gegenstandswert 7.874,75 DM) 405,00 DM
Verhandlungsgebühr, §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (Gegenstandswert 7.874,75 DM) 405,00 DM
Beweisgebühr, §§ 123, 31 Abs. 1 Nr. 3BRAGO (Gegenstandswert 4.000 DM) 265,00 DM
Auslagen, § 26 BRAGO 40,00 DM
1.115,00 DM
16 % Mehrwertsteuer 178,14 DM
insgesamt 1.293,40 DM
bzw. 661,30 Euro
Fundstellen
Haufe-Index 1205429 |
FamRZ 2004, 1804 |
AGS 2004, 157 |
RVG-B 2004, 65 |
NJOZ 2004, 1442 |