Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung. Kostenfestsetzung nach § 128 BRAGO (Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin)

 

Verfahrensgang

AG Westerburg (Beschluss vom 07.05.2001; Aktenzeichen 41 F 59/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts H. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Westerburg vom 07.05.2001 abgeändert.

Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts H. wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Westerburg vom 02.02.2001 dahin abgeändert, dass die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.386,20 DM festgesetzt wird.

 

Gründe

Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO statthafte Beschwerde des Rechtsanwalts H. mit der er sich dagegen wendet, dass die Erörterungs- und die Beweisgebühr lediglich aus einem Gegenstandswert von 5.000,– DM (Scheidung 4.000,– DM, Folgesache Versorgungsausgleich 1.000,– DM) bzw. 4.000,– DM (Beweisgebühr) festgesetzt worden sind, obwohl in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2000 auch die elterliche Sorge Verfahrensgegenstand war, ist begründet.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat bei seiner Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nicht hinreichend berücksichtigt, dass vorliegend auch die Folgesache „elterliche Sorge” anhängig war. Denn bereits in der Antragsschrift war angekündigt worden, dass die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind M.-T. auf die Antragstellerin allein übertragen werden sollte. Dementsprechend ist eine Stellungnahme des Jugendamts eingeholt und mit Beschluss vom 22.08.2000 auch ein Streitwert für die elterliche Sorge festgesetzt worden.

In Bezug auf die Folgesache „elterliche Sorge” ist aber nicht nur – wie vom Rechtspfleger zugestanden – eine Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, sondern auch eine Erörterungsgebühr nach § 31, Abs. 1 Nr. 4 BRAGO angefallen. Die Erörterungsgebühr entsteht unabhängig von der Verhandlungsgebühr, die erst mit der Antragstellung entstehen kann. Ein Antrag zur elterlichen Sorge ist vorliegend nicht gestellt worden, eine Erörterung der Folgesache hat aber ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2000 unzweifelhaft stattgefunden. Denn dort ist u.a. festgehalten: „Das Kind M.-T., geb. …07.1993, befindet sich in der Obhut und Versorgung der Kindesmutter. Alleinsorgeanträge werden nicht gestellt.” Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, wie lange eine Erörterung dauert, ob nur eine kurze Frage – wie hier etwa die Antragstellung – zu klaren ist, ob die Erörterung einen Sachantrag herbeiführen oder verhindern soll und ob sie zu einer streitigen oder nichtstreitigen Verhandlung führt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., § 31 BRAGO, Rdnr. 223 ff.).

Ebenso ist die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO nicht nur aus dem Scheidungsstreitwert, sondern auch aus dem der elterlichen Sorge angefallen. Entscheidend für die Berechnung des Streitwerts ist insoweit der Gegenstand des „Beweisaufnahmeverfahrens” (vgl. Hartmann, a.a.O., § 31 BRAGO, Rdnr. 217). Dies hat der Senat inzwischen bereits mehrfach entschieden (vgl. Senat, Beschluss vom 17.03.2000, OLGR Koblenz 2000, 492; Beschluss vom 08.06.1999, JurBüro 1999, 469 = Rpfleger 1999, 463 = OLGR Koblenz 1999, 421 = FuR 2000, 138); hieran hält er auch weiterhin fest.

Durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 ist in § 613 Abs. 1 ZPO nach Satz 1 ein neuer Satz 2 eingefügt worden, nach dem das Gericht im Scheidungsverfahren – wenn gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind – die Ehegatten auch zur elterlichen Sorge anhört. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO löst die Anhörung einer Partei „nach § 613 der Zivilprozessordnung” eine Beweisgebühr aus, unabhängig davon, ob das Gericht damit die Klärung einer streitigen entscheidungserheblichen Tatsache bezweckt. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ist durch das Kindschaftsreformgesetz nicht geändert worden. Nach der Neufassung des § 613 Abs. 1 ZPO bedeutet dies, dass diese Beweisgebühr sowohl aus dem Streitwert der Scheidung (§ 613 Abs. 1 Satz 1 ZPO) als auch aus dem der elterlichen Sorge (§ 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu berechnen ist, da sich weder aus dem Wortlaut des § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO noch aus dem des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die Auslösung einer Beweisgebühr auf die Anhörung der Parteien zum Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen beschränkt sein soll, vielmehr in § 613 ZPO die Anhörung nach Abs. 1 Satz 2 mit derjenigen nach Abs. 1 Satz 1 gleichgestellt wird und § 31 BRAGO das Entstehen einer weiteren bzw. nach dem Streitwert erhöhten Beweisgebühr im Falle der Anhörung nach § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht einschränkt, (vgl. Senat, Beschluss vom 17.03.2000, OLGR Koblenz 2000, 492; Beschluss vom 08.06.1999, JurBüro 1999, 469 = Rpfleger 1999, 463 = OLGR Koblenz 1999, 421 = FuR 2000, 138; KG Berlin, JurBüro 1999, 634; AG Rendsburg, FamRZ 1999, 1359; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 1683).

Dies gilt insbesondere, wenn – wie hier – eine Folgesache „elterliche Sorge” anhängig geworden ist.

Die Anhörung (und Aufklärung) zur el...

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