Leitsatz (amtlich)
Sachbezüge, z.B. in Form der Überlassung eines Kfz, sind trotz des aus der Gehaltsbescheinigung ersichtlichen Abzugs ihres Werts vor der Auszahlung des Nettoeinkommens verfahrenskostenhilferechtlich einkommenserhöhend zu berücksichtigen, wenn sie nicht bloß ein Äquivalent für verauslagte Aufwendungen darstellen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Neuwied (Aktenzeichen 17 F 123/19) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 28.04.2020 über die mit Beschluss des gleichen Gerichts vom 07.05.2020 erfolgte Teilabhilfe hinaus teilweise dahingehend abgeändert, dass die zu leistenden Monatsraten auf 144 EUR festgesetzt werden.
3. Die Gebühr nach Ziff. 1912 KV FamGKG ermäßigt sich auf die Hälfte.
Gründe
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde hat einen über die Teilabhilfe hinausgehenden Teilerfolg.
Den infolge Kurzarbeit eingetretenen und mit der Beschwerde geltend gemachten Einkommensrückgang hat das Familiengericht in seinem Beschluss vom 07.05.2020 bereits berücksichtigt.
Ebenso zutreffend hat es den Sachbezug in Form der Überlassung eines Kfz trotz des aus der Gehaltsbescheinigung ersichtlichen Abzugs dieses Werts vor der Auszahlung des Einkommens einkommenserhöhend berücksichtigt. Denn derartige Sachbezüge sind immer dann als Einkommen nach § 115 ZPO anzusehen, wenn sie zusätzliches Arbeitseinkommen sind und nicht bloß ein Äquivalent für verauslagte Aufwendungen darstellen (vgl. Johannsen/Henrich/Markwardt Familienrecht 6. Aufl. 2015 § 115 ZPO Rn. 21; Musielak/Voit/Fischer ZPO 17. Aufl. 2020 § 115 Rn. 7 und MünchKomm-ZPO/Wache 5. Aufl. 2016 § 115 Rn. 11). Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner den Gegenwert nicht ausbezahlt erhält. Denn insoweit hat er ersparte Aufwendungen der privaten Lebensführung, müsste er selbst ein entsprechendes Fahrzeug erwerben und unterhalten.
Allerdings nutzt der Antragsgegner den Wagen offenkundig auch für seinen Arbeitsweg von seiner Wohnung an den Ort der von ihm geleiteten Niederlassung in K. Für die hierfür zurückgelegten 18 km (einfache Strecke) kann er gemäß §§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1a ZPO, 82 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 4 DurchführungsVO 5,20 EUR/mtl. je Entfernungskilometer einkommensmindernd in Ansatz bringen. Das sind hier mithin insgesamt 93,60 EUR im Monat.
Hierdurch verringert sich das nach § 115 ZPO maßgebliche Einkommen des Antragsgegners letztlich auf 289,46 EUR. Die Ratenhöhe beträgt folglich 144 EUR, denn gegen die übrige Ratenberechnung des Familiengerichts erinnert die Beschwerde nichts.
Fundstellen
Dokument-Index HI14027839 |