Entscheidungsstichwort (Thema)

Bankenhaftung bei Finanzierungsberatung: Aufklärungspflichten bei Empfehlung eines Swap-Vertrags

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der objektgerechten Beratung ist es keine aufklärungsbedürftige Eigenschaft des Swap-Vertrages, dass er nicht einseitig anzupassen oder frei kündbar ist. Vielmehr ist es der Normalfall, dass ein Vertrag nicht unilateral von einer Partei verändert oder trotz fester Laufzeit vorzeitig beendet werden kann. Beides ist weder überraschend noch ein Umstand, über den nach Treu und Glauben gesonderte Aufklärung erwartet werden kann. (Rn. 5)

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 06.06.2019; Aktenzeichen 3 O 372/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 06.06.2019, Aktenzeichen 3 O 372/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Koblenz ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 350.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zur Darstellung des Sachverhalts, der Antragstellung und zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und auf seinen Hinweisbeschluss vom 02.12.2020. Die Stellungnahmen des Klägers vom 30.12.2020 und vom 08.02.2021 geben zu einer abändernden Beurteilung keine Veranlassung.

1. Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme vom 30.12.2020 die Ausführungen des Senats zur Verjährung beanstandet, so sind diese hinsichtlich der behaupteten Pflichtverletzung wegen Falschberatung aufgrund eines Widerspruchs zwischen dem Finanzierungskonzept und den klägerischen Finanzierungswünschen (Hinweisbeschluss unter II. 1., Seite 8) nur Hilfserwägungen. Zu den Ausführungen des Senats in der Sache, wonach insoweit schon keine Pflichtverletzung gegeben ist, hat der Kläger dagegen keine Einwände erhoben. Insofern können hier die Angriffe des Klägers gegen die vom Senat angenommene Verjährung dahinstehen.

2. Hinsichtlich der (unstreitig unterbliebenen) Aufklärung über die Nichtanwendbarkeit der Regelung über die ordentliche Kündigung von Darlehen (hier: § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der Fassung vom 01.01.2002 bis 11.06.2010) sieht der Senat (a) keine Pflichtverletzung und (b) wäre eine solche aus den im Hinweisbeschluss dargelegten Gründen verjährt.

(a) Im Rahmen der objektgerechten Beratung ist es keine aufklärungsbedürftige Eigenschaft des Swap-Vertrages, dass er nicht einseitig anzupassen oder frei kündbar ist (ebenso: Gottschalk/Spiegel WM 2017, 2179, 2186 f. juris Literaturnachweis zu Hanke, BKR 2017, 358-363; Windthorst WuB 2015, 498, 501 f.). Vielmehr ist es der Normalfall, dass ein Vertrag nicht unilateral von einer Partei verändert oder trotz fester Laufzeit vorzeitig beendet werden kann. Beides ist weder überraschend noch ein Umstand, über den nach Treu und Glauben gesonderte Aufklärung erwartet werden kann. Bei Zinsderivaten mag es üblich sein, dass der Kunde sich vom Vertrag lösen kann, wenn er eine Ausgleichszahlung leistet. Ein unentgeltliches Lösungsrecht ohne vertragliche Grundlage kommt jedoch nicht in Betracht, weil auch die Interessen des Geschäftspartners zu berücksichtigen sind (Windthorst a.a.O.).

Das Fehlen eines ordentlichen Kündigungsrechts ergab sich vorliegend für den Kläger auch ohne weiteres aus Nr. 7 (1) und Nr. 8 des Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte vom 10.03.2008. Es ist auch ansonsten nicht ersichtlich, dass der Kläger eine freie Kündbarkeit der Swap-Verträge angenommen hätte.

Der Kläger hatte die Darlehensverträge und die Swap-Verträge jeweils als rechtlich selbstständige Verträge abgeschlossen und dabei überdies mit unterschiedlichen Vertragspartnern kontrahiert. Der Bestand oder Bezugsbetrag der Swap-Verträge war weder rechtsgeschäftlich noch gesetzlich an die abgeschlossenen Darlehensverträge gekoppelt. Richtigerweise ist es auch nicht das Fehlen eines Kündigungsrechts beim Swap-Vertrag, sondern die Ausübung des gesetzlichen Kündigungsrechts beim Darlehensvertrag, die das Zinsbegrenzungsgeschäft seines Grundgeschäfts beraubt und in ein isoliertes Derivat mit entsprechenden Gewinn- und Verlustrisiken verwandelt. Es liegt in der Verantwortungssphäre des Kunden, wenn er auf diese Weise nachträglich Risiken schafft. Folglich erscheint es nicht geboten, der Bank bei Abschluss des Zinssicherungsgeschäfts eine Aufklärungspflicht dahingehend aufzuerlegen, dass der Vertrag auch dann fort gilt, wenn ihr Kunde das Geschäft beseitigt, zu dessen Absicherung es abgeschlossen wurde (Windthorst a.a.O.), zumal vorliegend kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist,...

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